Du bist hier: Serienjunkies » Serien » Watchmen » Watchmen 1x03
Watchmen 1x03

Watchmen 1x03

Episode Staffel 1, Episode 3
(Watchmen 1x03)
Deutscher Titel der Episode Sie wurde von Weltraumschrott erschlagen
Titel der Episode im Original She Was Killed by Space Junk
Erstausstrahlung der Episode in den USA Sonntag, 3. November 2019 (HBO)
Erstausstrahlung der Episode in Deutschland Montag, 18. November 2019
Erstausstrahlung der Episode in Österreich Montag, 18. November 2019
Autoren Lila Byock, Damon Lindelof
Regisseur Stephen Williams

FBI-Agentin Laurie Blake (Jean Smart) wird spät abends von dem Senator besucht, der in Oklahoma die „Masked Policing Legislation“ verfasst hat und ist unterwegs nach Tulsa, um einen Mordfall zu übernehmen. Der Herr des Anwesens erhält einen unfreundlichen Brief und antwortet dementsprechend.

Ob man nun mit den „Watchmen“-Comics von Alan Moore und Dave Gibbons vertraut ist oder aber keinerlei Vorwissen zu dieser Materie hat - das, was uns den ersten zwei Episoden der neuen HBO-Serie Watchmen dargeboten wurde, hat in beiden Lagern für reichlich Irritation gesorgt. Natürlich kann man sich die eine oder andere Sache etwas leichter zusammenreimen, wenn man die Vorlage gelesen hat, aber dennoch bietet der „Remix“ von Damon Lindelof selbst für Kenner ausreichend Aspekte und Kuriositäten an, die Fragen aufwerfen und (noch?) einfach keinen Sinn ergeben. Diese Verwirrung wird ganz bewusst gestiftet. In Kombination mit der Einführung in eine Welt, die der unsrigen gar nicht einmal so unähnlich ist, reißt man das Publikum gekonnt aus seiner Komfortzone und setzt spannende Reize, die man bisher nur schwer beim Namen nennen kann. Es ist ein eigenwilliges, sonderbares Gefühl, das das Format hervorruft. Doch genau mit diesem kann man es auch übertreiben, wodurch sich wiederum bei der ungeduldigen, wissbegierigen Zuschauerschaft schnell Frust breitmachen kann.

Um einer solchen unerwünschten Entwicklung entgegenzuwirken, vollführen die Verantwortlichen in der Episode She Was Killed by Space Junk einen wunderbaren, wenngleich auch sehr einfachen Trick. Es ist bei Weitem nicht so, dass uns urplötzlich Antworten auf all die vielen offenen Fragen präsentiert werden, die wir uns bis hierhin gestellt haben. Ganz im Gegenteil, wie bereits zuvor macht man eher noch weitere Fässer auf, deren Inhalte eine tiefere Ergründung erfordern. Dennoch holt man uns außenstehende Beobachter geschickt mit ins Boot, und zwar indem ein neuer Charakter eingeführt wird, der einen eher kühlen, pragmatischen und allen voran nihilistischen Blick auf diese Welt und das Leben hat: Die FBI-Agentin Laurie Blake, fantastisch von der immer wieder großartigen Jean Smart gespielt, welche für diese Folge unser „Avatar“ ist, durch deren Augen wir die wunderliche Welt von „Watchmen“ wahrnehmen. Lauries Ansichten sind zwar extrem, aber auch eine willkommene Abwechslung, denn über ihre sehr rigorose und zynische Betrachtung der Dinge werden wir ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt - und das teilweise auf hoch amüsante Art und Weise.

Comedy begets tragedy

Gleichzeitig bietet es sich mit Blick auf die Folge „She Was Killed by Space Junk“ erstmals aber auch an, etwas genauer auf die Comicvorlage aus den 1980er Jahren zu schauen, handelt es sich bei Laurie Blake doch um eine der zentralen Figuren aus dem „Watchmen“-Universum. Ihr eigentlicher Name ist Laurie Juspeczyk, die früher als Heldin Silk Spectre (die zweite Silk Spectre, nachdem bereits ihre Mutter Sally diesen Decknamen nutzte) unterwegs gewesen ist und nun interessanterweise für das FBI in der „Anti-Vigilante Task Force“ arbeitet. Ihr aktueller Nachnamen stammt von ihrem biologischen Vater Edward Blake aka The Comedian, ein skrupelloser, nihilistischer Selbstjustizler, der nach vielen Jahren als maskierter Rächer in den 70ern für die US-Regierung arbeitete, nachdem maskierte Helden verboten wurden. Zwischen Lauries Mutter und Edward Blake existiert eine komplizierte Historie: Sally wurde einst von Blake sexuell attackiert, Jahre später bandelten die beiden jedoch miteinander an. Dass Edward Blake Lauries eigentlicher Vater ist, wurde ihr nie erzählt. In der Serie können wir aber sehr stark davon ausgehen, dass Laurie schon lange von diesem Umstand weiß.

So weit, so klar? Es mag wie eine viel zu lange Fußnote klingen, doch diese zusammengefassten Grundinformationen sind alles andere als unwichtig, um zu verstehen, woher Laurie kommt, warum sie den Nachnamen ihres kritisch beäugten, für viele verabscheuungswürdigen Vaters angenommen hat und wieso sie sich heute nicht einmal ansatzweise für maskierte Hallodris erwärmen kann, die sich selbst als auserwählte Retter verstehen und von den Menschen als „Helden“ bezeichnet werden. Dies wird zu Beginn der Episode mehr als deutlich, als sie einen Batman-esken Rächer (Mr. Shadow!) dingfest macht und dabei auch das Risiko eingeht, dass dieser vielleicht sogar ums Leben kommt. Laurie ist abgebrüht und sieht in Menschen, die sich über das Gesetz stellen, ihre wahre Identität unter einer Maske verbergen und ihr ganz eigenes Verständnis von Gerechtigkeit ausleben vor allem eines: eine große Gefahr. Und ganz ehrlich? Unrecht hat sie mit dieser kühlen, rationalen Einstellung nicht. Man kann sicherlich über ihre Methoden streiten, aber grundsätzlich ist ihr Standpunkt nachvollziehbar. Wie heißt es gleich noch einmal: „Who watches the watchmen?

Genau das macht den Charakter so interessant und zu einem spannenden Gegenpol zu einem Großteil der bisherigen Figuren - speziell Angela Abar aka Sister Night (Regina King) und ihre Kollegen und Kolleginnen der Polizei von Tulsa -, die bisher in der Serie aufgetreten sind. Zum einen ist es hilfreich, wenn man ein wenig mit der Geschichte der Person Laurie Blake vertraut ist. Auf der anderen Seite erschließen sich uns ihr Charakter und ihre Überzeugungen aber auch einzig und allein im Rahmen der Serie. In einer Welt, wie sie „Watchmen“ zeichnet, muss es eben auch diese Menschen geben, die mal ganz kurz auf die Pausetaste drücken und offen in die Runde Fragen, ob das hier alles eigentlich noch normal ist oder die Definition von Recht und Ordnung inzwischen nicht völlig ad absurdum geführt wird. Das soll nicht heißen, dass Lauries Lebenseinstellung die richtige und ihr Ansatz unfehlbar ist. Warum sollte man ihr aber ein geringeres Maß an Aufmerksamkeit widmen als anderen, im Auge des Betrachters nicht weniger berechtigten, aber auch konträren Philosophien?

Heaven or hell

So „sympathisch“ und cool (dem hervorragenden Soundtrack sei's gedankt) Laurie aufgrund ihrer „No-Bullshit“-Attitüde und ihrem trockenen, schwarzen Humor ist, so sehr kann man sie auch für ihre der Welt gegenüber gleichgültige, lieb- und gefühlslose Einstellung bemitleiden. Ihre einstigen Ideale wurden durch eine kalte Anschauung abgelöst, die sie mehr denn je auf den Pfaden ihres berühmt-berüchtigten Vaters wandeln lässt (es wäre keine Serie von Damon Lindelof, wenn problematische Vaterfiguren keine Rolle spielen würden) - daher sehr wahrscheinlich auch die Wahl ihres Nachnamens. Mit dieser Art bringt sie frischen Wind in die Ermittlungen rund um den Tod von Judd Crawford, der recht fix zu Grabe getragen wird, noch bevor das FBI weitere Nachforschungen anstellen kann. Die „Arbeit“ der Polizei von Tulsa - potentielle Verdächtige werden unter dubiosen Umständen festgenommen und menschenunwürdig behandelt, von der Missachtung ihrer Bürgerrechte ganz abgesehen - steht auf dem Prüfstand, Einmischung von außen in Person der nicht so leicht zu täuschenden Laurie Blake (Brillant: „It's a racist detector!“) ist unerwünscht.

Laurie als neues, personifiziertes „Kontrollelement“, das selbst nicht makellos ist, erweitert nicht nur die Welt von „Watchmen“ und macht diese ein Stück weit komplexer, es hat auch einen ungemeinen Unterhaltungswert. Das liegt allen voran an Jean Smart, die ein meisterhaftes komödiantisches Timing an den Tag legt und das Maximum aus ihren vielen Szenen herausholt, ob jetzt an der Seite von Regina King, Tim Blake Nelson oder auch Dustin Ingram als ihr junger Kollege Petey (später mehr zu ihm). Aber Smart kann nicht nur mit einer große Portion trockenen Humor dienen, sie zeigt uns auch auf, dass ihr Charakter von tiefen Narben gezeichnet ist, die sie nach wie vor beschäftigen. Diese rühren allen voran von ihrer Beziehung zum mächtigsten Wesen, das je auf dem Erdball (und der Sonne) seine Bahnen gezogen hat: Doctor Manhattan. Vor vielen Jahren war Laurie in einer Beziehung mit Dr. Jon Osterman, der sich im Zuge eines missglückten Experiments zu einer blauen, gottgleichen Erscheinung transformierte und mittlerweile auf dem Mars sein Dasein fristet. Dass die Trennung von Jon und dessen Desinteresse an der Menschheit, und vor allem an ihr selbst, Laurie nachhaltig beeinflusst hat, wird in ihren Versuchen, über eine blaue Telefonzelle Kontakt zu Doctor Manhattan aufzunehmen, deutlich.

One single brick

Der Anruf von Laurie über die „Manhattan-Hotline“ dient ohnehin als clever gewähltes Erzählelement, um die gesamte Episode sinnvoll zu strukturieren. Über die beiden Witze, die „Comedienne“ Laurie Blake erzählt, erhalten wir im übertragenen Sinne Informationen über Laurie selbst (der Maurer und seine Tochter), aber auch über ihre alten Weggefährten, die einst als Helden aktiv waren und aufgrund ihrer Taten be- und verurteilt wurden („Three heroes walk into a bar, I mean, walk into Heaven...“). Diese Rahmenhandlung schafft erneut Kontext, trägt zur gleichen Zeit aber auch dazu bei, dass wir Laurie besser verstehen. Am Ende geht es bei ihrem Witz darum, wer es sich eigentlich erlauben kann, über selbsternannte Helden und deren Taten zu urteilen, wenn man diesen erst ihre Fähigkeiten und Autorität gegeben hat. Wie heuchlerisch ist Gott (oder eben eine ganze Gesellschaft) in diesem Gleichnis und liegt die Schuld nicht bei ihm, die verschiedenen drei Helden auf die Menschheit losgelassen zu haben? Am Ende wird er selbst abgestraft, durch den Stein, den das scheinbar irrelevante Mädchen zu Beginn in die Luft geschleudert hat und den niemand mehr auf dem Schirm hatte.

So sieht die Welt von Laurie Blake aus, so sehr wurde sie von ihren Nächsten, aber auch von der Gesellschaft enttäuscht, für die sie nun als Instrument der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung (zumindest eine Form davon) und der Bekämpfung maskierter Helden tätig ist. Laurie ist desillusioniert, gehärtet und hat einen gnadenlosen Schlussstrich unter ihrem alten Leben und einer Zeit gezogen, in der sie einen Sinn darin gesehen hatte, für Ideale einzustehen und vielleicht sogar eigenhändig Gutes zu bewirken. Womit wir erneut bei der Frage wären, wer „Gutes“ wie definiert. Und ob es nicht total vermessen und anmaßend ist, sich über die Dinge, Regeln und Gesetze zu erheben. Daher geht ihre Einführung auch so perfekt auf, als zynisches, sich der einfachen Realität stellendes Gegengewicht; eine Person, die sich nach außen sehr klar präsentiert und unvergleichliche Erfahrungen gesammelt hat, in deren Innern jedoch ein großer Scherbenhaufen liegt, der nie aufgeräumt wurde, sondern von ihr als permanente Erinnerungen an die persönlichen Enttäuschungen, Verluste und Schmerzen herumgetragen wird.

Etwas Trost spenden ihr bedeutungslose sexuelle Eskapaden (unter anderem nutzt sie ein Sexspielzeug im vielsagenden Doctor-Manhattan-Design) und eben die Versuche, irgendwann doch mal wieder Kontakt zu ihrer alten Flamme, die nun schon seit mehr als 30 Jahren auf dem Mars lebt, herzustellen. Doch warum sollte sich Doctor Manhattan noch für die Menschheit interessieren, die ihn verstoßen hat und ohnehin im großen Ganzen des Universums nur ein kleines, unbedeutendes Zahnrad darstellt? Aber vielleicht hört er eben doch zu, der blaue Gott im Himmel, wie eine verräterische Aufnahme zum Ende der Episode suggeriert. Erst kracht Angelas Auto zu Boden („space junk...“), dann sehen wir einen rötlichen Schein zwischen all den Sternen. Von dem alten Will Reeves ist übrigens keine Spur, was die Spekulationen zu ihm weiter anheizen dürfte. Hat er etwas mit Doctor Manhattan zu tun? Ist er vielleicht wirklich selbst Doctor Manhattan, wie er es Angela gesagt hat? Für Laurie ist das alles jedoch scheinbar nichts weiter als ein großer, kosmischer Witz. Aber war das schon die Pointe? Oder kommt diese erst noch?

Look on my works, ye Mighty, and despair!

Neben Laurie Blakes Geschichte, zu der ich noch ein paar Ergänzungen weiter unten gesammelt habe, spielt auch ein weiterer, ehemaliger „Watchmen“ (respektive „Crimebuster“) in „She Was Killed by Space Junk, Watchmen“ eine gewaltige Rolle: Der alte Adrian Veidt aka Ozymandias. Wir nutzen die Gelegenheit, um gemeinsam mal ein wenig Licht ins Dunkeln zu bringen, was diesen Charakter und dessen rätselhaften Subplot angeht, da die Serie jetzt sehr offen mit dem Fakt umgeht, wen Jeremy Irons hier eigentlich spielt. Adrian Veidt ist der im Witz von Laurie Blake erwähnte zweite Superheld, der intelligenteste Mensch der Welt, der vor mehr als 30 Jahren eine Alieninvasion fingiert hat (in Form eines riesigen, künstlich erschaffenen Tintenfisches, den er auf New York losließ), um einen atomaren Weltkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion zu verhindern. Das hat geklappt. Der Preis? Läppische 3 Millionen Menschenleben, so in etwa ungefähr. Veidt wird mittlerweile für tot gehalten, doch wie wir sehen erfreut er sich in vollen Zügen seines Lebens, in einem Schloss irgendwo im Grünen.

Veidts Taten und die Opfer, die er eingegangen ist, sind der Öffentlichkeit übrigens nicht bekannt, seine Finte wird weiterhin aufrechterhalten, wie die gelegentlichen Regenschauer von kleinen Tintenfischen zeigen. Ein gemeinsamer, außerirdischer Feind schweißt die verschiedenen Nationen auf unserem blauen Planeten eben enger zusammen, nicht wahr? Jemand wie Laurie Blake weiß wiederum ganz genau, was Adrian Veidt damals getan hat, und so nobel dessen Absichten auch gewesen sein mögen: war es der richtige Weg? Das einzuschätzen und zu bewerten, obliegt einzig und allein den Lesern der „Watchmen“-Comics. In der Serie hat sich Veidt komplett zurückgezogen und allmählich bekommen wir ein paar Antworten zu seiner aktuellen Lebenssituation, begleitet von vielen neuen Fragen. Zunächst präsentiert man uns jedoch eine wundervolle Montage, die Veidt beim wilden Tüfteln und Basteln zeigt, während im Hintergrund der Song „Israelites“ von Desmond Dekker & The Aces läuft. An was genau er da arbeitet? Es scheint ein Raumanzug zu sein, Mr. Phillips (Tom Mison) überlebt das Experiment jedoch leider nicht und liegt wenig später tiefgefroren am Boden. Tja. „Shit! Fuck! Shit! Shit and shit and fuck!

Hinzu kommt dann noch der Auftritt des geheimnisvollen „Game Warden“, nachdem Veidt einen prächtigen Bisonbullen mit Pfeil und Bogen niedergestreckt hat. Veidt ist außer sich und kann die Glückwunschgesänge seiner Bediensteten nicht mehr hören (mittlerweile sind es drei Kerzen auf der Torte, also ist es jetzt schon der dritte Jahrestag... aber von was?). Er nimmt nach einer eindeutigen Nachricht vom besagten „Game Warden“ im Form eines eloquent formulierten Briefes Kontakt mit dem selbigen auf und will sich nicht beirren lassen, weiter sein „Ding“ durchzuziehen, um was auch immer es sich dabei handelt. Anscheinend ist Veidt nicht im geheimen Exil, sondern in Gefangenschaft. Diese ist jedoch so verhandelt und gewährt Adrian Veidt gewisse Freiheiten. Doch Veidt wirkt nicht wirklich glücklich, also könnte er eventuell an seiner Flucht arbeiten? Wo genau ist er überhaupt, wie ist er da hingekommen und wann spielt dieser Handlungsstrang eigentlich?

Nun. Versuchen wir uns an ein paar Antworten. Möglicherweise befindet sich Veidt ja in einer von Doctor Manhattan künstlich geschaffenen Welt auf dem Mars, wo er Asyl gefunden hat. Wir erinnern uns an die erste Folge, als wir Aufnahmen von Doctor Manhattan auf dem Mars gesehen haben, wie er ein Gebäude konstruiert hat, das so wie das Schloss von Veidt aussah. Eventuell beteiligt sich Veidt, der zwischendurch in sein altes, erhabenes Ozymandias-Kostüm schlüpft, dort mit an der Kreation von Organismen (die Tomatenbäume!), aber er muss sich eben auch an bestimmte Regeln halten. Inzwischen will er nur noch weg von diesem Ort und führt deshalb allerlei Experimente durch, bei denen ihm seine Klone als Testkaninchen dienen. Immerhin kann nichts den großen Adrian Veidt aufhalten! So gibt sich zumindest Jeremy Irons in einer erneut köstlichen Darbietung, majestätisch, vermessen und völlig frei von allen irdischen Zwängen zugleich. Warum das alles passiert? In dieser Hinsicht bin ich keinen Deut schlauer als Ihr, liebe Leserinnen und Leser. Bisher sind die diese für sich allein stehende Abstecher in ihrer geheimnisumwitterten Summe, bestehend aus theatralischen Schauspiel, schrägen Inhalten und wundervollen musikalischen Einsätzen, für mich persönlich überraschend ergiebig. Selbst wenn die Antworten ausbleiben.

Weitere Beobachtungen

  • Noch einmal zu dem Witz von Laurie. Der zweite Held ist Adrian Veidt aka Ozymandias, der dritte Doctor Manhattan - und der erste? Laurie beschreibt diesen Helden als Mann in einem eulenartigen Kostüm, womit offensichtlich „Watchmen“-Kollege Dan Dreiberg aka Nite Owl (genauer: die zweite Nite Owl nach Hollis Mason) gemeint ist. Zwischen diesem und Laurie gab es in der Vergangenheit ebenfalls eine romantische Beziehung, der vergleichsweise edelmütige, bodenständige, aber auch eher unsichere Dan war wie eine Stütze für Laurie. Und jetzt? Aktuell scheint Dan inhaftiert zu sein, so viel geht aus dem Gespräch von Laurie mit Senator Keene (James Wolk) und auch aus dem überdeutlichen Bild der Eule im Käfig hervor, die Laurie als Haustier hält. Der Name der Eule? Who. Witzig.

  • Die Information, dass Dan Dreiberg im Gefängnis ist, kann man sich übrigens auch an anderer Stelle holen, und zwar im sogenannten Peteypedia - eine offizielle Seite zur Serie von HBO, auf der Zeitungsartikel, Reporte und andere Dokumente von FBI-Agent Petey gesammelt und für seine Kollegen bereitgestellt werden. Wer noch mehr über die Welt von Watchmen erfahren will, der nimmt sich am besten ein wenig Zeit und schaut sich die Texte von Petey etwas genauer an. Unter anderem erhält man so weitere Informationen zu Laurie Blake und ihr früheres Leben als „Comedienne“, zu Adrian Veidts vermeintlichen Tod oder auch zu Rorschach, eine weitere wichtige Figur im „Watchmen“-Universum, dessen persönliche Aufzeichnungen von der Extremistengruppe „Seventh Kavalry“ als Leitfaden genutzt werden. Kleine, ulkige Details gibt es auch zu entdecken, zum Beispiel, dass Elvis tatsächlich noch lange nach seinem Tod im Jahr 1977 am Leben gewesen ist oder dass der renommierte Journalist Ezra Klein unter Präsident Robert Redford Pressesprecher des Weißen Hauses ist.

  • Bezüglich der „Seventh Kavalry“ erwarten wir sicherlich alle noch eine faustdicke Überraschung. Ich selbst hege die Vermutung, dass Senator Joe Keene (der „DOPA“, das Gesetz zur Maskierung der Polizei, durchgeboxt hat) irgendwie involviert ist. Für ihn ist der versuchte Anschlag auf dem Friedhof letztlich eine großartige Möglichkeit, um eine öffentlichkeitswirksame Publicty-Nummer abzuziehen. Vielleicht ist das aber auch ein wenig zu zynisch gedacht. Man sollte aber dennoch die Frage im Hinterkopf behalten, warum Keene ausgerechnet Laurie Blake für die Aufgabe engagiert hat, den Mord von Judd Crawford zu untersuchen. Geht es Keene wirklich um Lauries Erfahrung mit maskierten Rächern, von denen womöglich einer für Judds Tod verantwortlich gewesen ist? Oder hat Keene noch andere Motive?

  • Die Szene auf dem Friedhof (ebenfalls eine kleine Reminiszenz an den Comic) sehe ich von ihrem Ablauf her am kritischsten in dieser Episode. Der Attentäter der „Seventh Kavalry“ hat sehr leichtes Spiel, sich Zugang zu verschaffen (beabsichtigt?) und dann verwundert es doch ein wenig, dass es allein die geistesgegenwärtige Angela ist, die den Sarg mit Judds Leichnam auf den Sprengsatz bugsiert, um größere Schäden zu vermeiden. Das macht Angela in den Augen von Laurie wiederum gleich noch verdächtiger, aber insgesamt gestaltet sich die gesamte Sequenz ein wenig holprig. Das kurze Gespräch zwischen Laurie und Angela wenig später ist derweil sehr gut, auch hier nimmt man Bezug auf Lauries Vater, dessen geheimes Doppelleben und dass Judd ebenfalls etwas zu verbergen hatte. Außerdem: Regina Kings „verängstigtes“ „Oooooh“ ist einfach unbezahlbar.

  • Nicht nur Eulen und Uhren ziehen sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen „Watchmen“-Episoden, auch Piraten-Motive erspäht man immer wieder. In der zweiten Folge trägt zum Beispiel eine Tochter von Angela ein Piratenkostüm, und in „She Was Killed by Space Junk“ gibt es derweil gleich mehrere Anspielungen in dieser Richtung. Die Polizistin Pirate Jenny (Jessica Camacho) ist nach ihrem Auftritt in Folge 1 deutlich zu sehen, zwischenzeitlich flattert eine Piratenflagge durchs Bild, das Motel von Laurie Blake trägt den Namen „The Black Freighter“... Wie passend, denn das ist auch der Titel eines Comics („Tales of the Black Freighter“) innerhalb der „Watchmen“-Comics, in dem die tragische Geschichte eines gestrandeten Freibeuters erzählt wird, die interessante Parallelen zu Adrian Veidt im „Watchmen“-Comic aufzeigt.

  • Noch zwei kleine Hinweise: Ab heute zeigt Sky nicht nur wöchentlich die neuen Folgen von „Watchmen“ in Deutschland, für alle Interessierten hat HBO ebenfalls noch ein interessantes, zusätzliches Angebot in petto. Craig Mazin, der Serienschöpfer und Drehbuchautor von Chernobyl, präsentiert ab heute einen dreiteiligen „Watchmen“-Podcast, in dem er sich ausführlich mit Damon Lindelof über die Serie unterhält. Die erste Folge ist bereits online und überall zu finden, wo es Podcasts gibt.

Hier abschließend noch der Trailer zur vierten Episode der US-Serie Watchmen(01x04):

Watchmen 1x03 Trailer

Schauspieler in der Episode Watchmen 1x03

Darsteller   Rolle
Regina King …………… Angela Abar
Jean Smart …………… Laurie Blake
Tim Blake Nelson …………… Wade Tillman
Yahya Abdul-Mateen II …………… Cal Abar
Andrew Howard …………… Red Scare
Tom Mison …………… Mr. Phillips
Sara Vickers …………… Ms. Crookshanks
Dylan Schombing …………… Topher Abar
Jeremy Irons …………… Adrian Veidt
Frances Fisher …………… Jane Crawford
James Wolk …………… Senator Joe Keene
Lee Tergesen …………… Mister Shadow
Dustin Ingram …………… Agent Petey
Jessica Camacho …………… Pirate Jenny
David Andrews …………… Deputy Director Farragut

Was bedeutet eigentlich „TBA“ in der Anzeige bei Episodenführern?