Die Gang versteckt sich in einem verlassenen Krankenhausflügel, wo Arny sich von seinen Wunden unter Jessicas Schutz erholen soll. Ian und Becky versuchen herauszufinden, wer die Grippe frei setzten will. Sie finden DobriGorski, welcher ihnen die Namen der Personen nennt, die für den Job trainiert hat. Nach Milers Tod wirkt Wilsons neue Einstellung verängstigend und seine Verlässlichkeit wird in Frage gestellt. Becky geht das Thoraxin aus, woraufhin sie eine drastische Entscheidung trifft.
Nach einer beeindruckenden zweiten Staffel, die in jeder Hinsicht wenig zu wünschen übrig ließ und angesichts der bereits hervorragenden ersten Staffel sämtliche Erwartungen übertroffen hat, steht das zweite Staffelfinale dem Vorangegangenen in nichts nach und macht obendrein Hoffnung auf ein drittes Kapitel von Utopia.
The Three
Obwohl Mr. Rabbit aka Network-Chefin Milner (Geraldine James) nicht mehr lebt, ist der Plan zur Verbreitung des Virus' in vollem Gange. Terrance, den wir in der vorangegangenen Episode als frustrierten Burgerbrater gesehen haben, wurde aus drei Kandidaten ausgewählt: Er soll die Tat vollbringen, die die gesamte Population zur Einnahme des mit Janus versetzten Impfstoffes veranlassen soll. Nach dem ursprünglichen Plan wäre die Ausführung des Plans noch 90 Tage entfernt, doch das für den Notfall vorgesehene Secondary Protocol sieht ein sofortiges Vorgehen vor, weshalb der Kurier bereits dabei ist, die Koordinaten für die Kanister von verschiedenen Komplizen einzusammeln. Da Janus den Wirkstoff des Gegenmittels ausschaltet (wie beim letzten Mal bekannt wurde), befinden sich Wilson Wilson (Adeel Akhtar) sowie die Verschwörungsaufdecker Becky (Alexandra Roach) und Ian (Nathan Stewart-Jarrett) erneut auf der selben Seite. Sie sind darum bemüht, die Freilassung des gefährlichen Stoffes aufzuhalten.
Unterdessen harren Jessica Hyde (Fiona O'Shaughnessy) und ihr teils noch immer verwirrter Vater (Ian McDiarmid), der mit Milners Blut verschmiert ist, im Krankenhaus aus, wo Arbys (Neil Maskell) Leben am seidenen Faden hängt. Dessen alter Killerkollege Lee (Paul Ready) schaut plötzlich auf einen Krankenbesuch vorbei. „Nothing scares me. Nothing in the world. Except him.“ („Nichts macht mir Angst. Nichts auf der Welt. Außer ihm.“), erklärt er Jessica, als er dem Bewusstlosen die Luft abdrückt. Die bewaffnete Schwester hält ihn davon ab, lässt Lee jedoch mit seiner grünen Tasche wieder von dannen ziehen. Eine zärtliche Szene teilt das Geschwisterpaar schließlich, als Jessica ihrem Bruder den Bart abrasiert, den sie nicht leiden konnte.
The world is full of love
Beckys Zustand verschlechtert sich unterdessen zusehends. Nur noch vier Tage lang wird ihr Medikament ausreichen, ehe das Deals-Syndrom sie die Kontrolle über ihren Körper verlieren lässt und auch die Halluzinationen mit Marius häufen sich. Schweren Herzens willigt Ian ein, dabei zu sein, wenn sie sich das Leben nimmt, und muss sich gleichzeitig gegen Avancen von Jessica wehren, die in dieser schweren Zeit ebenfalls nach Nähe sucht. Als es schließlich darum geht, Terrance aufzuhalten, lässt Ian jene Worte wiederhallen, die Jessica in der ersten Staffel zu ihm gesagt hat: „I can't do this on my own.“ („Ich schaffe das nicht allein“). Noch einmal muss Jessica als Badass ran. Doch ist es letztendlich Ian, der trotz all seiner moralischen Überzeugungen den Abzug drücken muss, ehe der Virus freigelassen wird.
Zurück im Krankenhaus gilt es, Becky in ihren letzten Stunden beizustehen. Sie beschließt jedoch, ihrem Leben ein Ende zu bereiten, während Ian nicht anwesend ist, damit dieser nicht sein Leben lang darunter leidet, sie sterben gesehen zu haben. Philip Carvel berichtet zu Ians erstaunen, dass das von Becky eingenommene Gegenmittel in Wahrheit ein Opiat ist, das ähnlich wie andere Drogen selbst die Halluzinationen und Störungen der motorischen Fähigkeiten auslöst. Das von ihrem Vater geerbte Syndrom hat also rein gar nichts mit ihren Symptomen zutun. Im letzten Moment gelingt es, Becky das eingenommene Gift wieder ausspeien zu lassen, ehe sie alle von bewaffneten Männern in Anzügen abgeführt werden.
Michael und sein ehemaliger Boss, Skandalminister Geoff (Alistair Petrie), haben einen letzten Showdown, ehe sich der ehemalige Handlanger des Networks ins Ausland absetzen will. Von einer letzten Zusammenarbeit hält der einst Untergebene allerdings wenig und lässt seine seit der ersten Staffel angestaute Wut endlich heraus. Kurz darauf ist der Minister tot, und es wird dank professioneller Arbeit wie Selbstmord aussehen. Bei Familie Dugdale ist unterdessen auch Grant (Oliver Woollford) untergekommen, der dort auf das Mädchen Alice trifft, deren Mutter damals von Arby umgebracht wurde, als es noch darum ging, das Manuskript des zweiten Utopia-Comics zu erhaschen. Der Junge gibt sich abermals rebellisch, ehe Michaels Frau Jen ihn zurechtweist. Als gemeinsame Familie wollen sie schließlich das Land verlassen, wenn die Krise überstanden ist. Doch Wilson hat plötzlich andere Pläne...
兔
Wilsons Überzeugung, die Arbeit des Networks sei richtig, hat sich nicht geändert. Und mit den Worten „I promise you, I'll be better than her“ („Ich verspreche dir, ich werde besser als sein als sie“) weist er Michael an, nach Hause zurückzukehren, andernfalls würde er dessen Familie umbringen lassen. Janus soll noch immer unters Volk gebracht werden, doch im Gegensatz zu Milners Plänen, möchte er nur einen kleinen Teil der Bevölkerung infizieren und lediglich die Angst einer Pandemie für sich arbeiten lassen. Nachdem Wilson aus Rache für seinen Vater Lee erschießt, ohne dass dessen Tod nötig gewesen wäre, ritzt er sich das Schriftzeichen für Hase in den eigenen Bauch. Neben dem Chinesischbuch liegt jener Tonalit-Stein, der auch Milners Schreibtisch zierte und von denen jeweils auch Arby und Jessica einen mit sich trugen. „This rock gives you permission to do anything.“ („Dieser Stein gibt dir die Erlaubnis, alles zu tun.“) Wilsons Transformation zum neuen Mr. Rabbit ist komplett.
Fazit
Utopias zweite Staffel ist nichts geringeres als ein Serienmeisterwerk, das vielleicht sogar die ersten sechs Episoden des britischen Verschwörungsthrillers übertrifft. Das vorliegende Staffelfinale bietet keinen großen Twist wie etwa die erste Finalauflösung, bei der herauskam, dass es sich bei der Komplizin Milner um Mr. Rabbit handelt. Es führt vielmehr eine sich bereits lang ankündigende Charakterentwicklung meisterhaft zu ihrem logischen und erzählerisch befriedigendem Ende: Wilson wird zum neuen Mr. Rabbit und aller Wahrscheinlichkeit nach der Gegenspieler im nächsten Kapitel, sofern Channel 4 der Serie eine dritte Staffel gewährt.
Angenehm überraschend ist die Anzahl jener Charaktere, die das Finale überlebt haben. Zumindest mit dem (Frei-)Tod von Becky durfte fest gerechnet werden. Ihr, wie sich herausstellte, unnötiger Selbstmord, wäre ein einfach auszuführender emotionaler Schlag in die Magengrube der Zuschauer gewesen. Auch der fatal verwundete Arby erwacht neu geboren in seiner alten, bartlosen Gestalt, was sicher viele Fans des Rosinenjungen hat aufatmen lassen. Und selbst dessen und Jessicas Vater Philip Carvel weilt nach dem vorläufigen Scheitern des Janus-Projekts und dem Tod Milners noch unter uns.
Ohne zum wiederholten Mal die außerordentliche Inszenierung und das brillante Sounddesign im Einzelnen zu loben, soll Utopia jedem Serienfreund, der mit einem hohen Bodycount leben kann und einen morbiden Sinn für Humor schätzt, empfohlen sein. Zudem plädiere ich dafür, nicht erst auf das (absolut unnötige und leicht ärgerlich stimmende) US-Remake zu warten, das mit großen Schritten auf uns zukommt und sicher eine Menge Buzz generieren wird, sofern es auch nur einen Funken der Genialität der Urserie einfangen kann.