Nachdem sie herausfindet, dass ihr Vater noch lebt, ist Jessica fest entschlossen, ihn mit Milner als Geisel im Schlepptau zu finden. Arby nimmt Grant zu einem abgelegenen Ort aus dessen Vergangenheit mit. Ian und Becky wollen dem Network mitteilen, dass Janus rassentechnisch selektiv vorgeht, um zu verhindern, das der Grippevirus freigesetzt wird.
Starke Nerven sind vonnöten für das Durchstehen der fünften und somit vorletzten Episode der zweiten Staffel von Utopia. Charaktere treffen aufeinander, Aussprachen finden statt, Geheimnisse kommen ans Tageslicht und am Ende der Folge sind nicht mehr alle Beteiligten am Leben. In Utopia ist die Götterdämmerung angebrochen.
A grown man flipping burgers
Der schikanierte Burgerbrater Terrance, mit welchem wir in die Episode starten, bildet den Rahmen dieses Kapitels. Er ist, ebenso wie Paul, der Wilson (Adeel Akhtar) in der letzten Folge von seiner Funktion erzählt hatte, einer jener Agenten des Networks, die den Auftrag haben, die russische Grippe unters Volk zu bringen, sollte er auserwählt werden. Der „Glückliche“ erhält schließlich den Befehl und macht sich am Ende der Folge daran, seinen Auftrag auszuführen, obwohl im Laufe der Handlung die Wahrheit über Janus herauskommt.
Ehe die beteiligten Personen zum Finale der Episode in einer abgelegenen Moorlandschaft aufeinandertreffen, muss Ian (Nathan Stewart-Jarrett) erfahren, dass sein Bruder getötet wurde und erleidet trotz des Versuchs pragmatischer Standhaftigkeit einen Zusammenbruch. Doch damit nicht genug. Kurz darauf melden sich abermals Symptome bei Becky (Alexandra Roach), was zu einer (zugegeben amüsanten) Halluzination führt, und sie bittet Ian, ihr dabei zu helfen, freiwillig aus dem Leben zu schreiten, sobald der Zeitpunkt gekommen ist.
For the moment we are Mr. Rabbit
Wilson und Leah (Sylvestra Le Touzel) erhalten die Information, dass Milner (Geraldine James) sich in der Gewalt von Jessica (Fiona O'Shaughnessy) befindet und beschließen daraufhin, Mr. Rabbit und die Interessen des Networks in ihrer Abwesenheit zu vertreten. Dies bedeutet zunächst, sich mit einem lächerlichen Erpressungsversuch des politisch unmöglich gemachten Ministers auseinanderzusetzen, und schließlich die Konfrontation mit Ian, Becky und Michael (Paul Higgins). Seine alten Kumpanen können Wilson jedoch davon überzeugen, die gefundenen Beweise für weitere Eigenschaften von Janus zu untersuchen. Und tatsächlich hat Philip Carvel (Ian McDiarmid) eine Menschengruppe auserwählt, die als einzige vollständig fruchtbar bleiben wird. Dies ist jedoch nicht die einzige Überraschung, die in Janus steckt.
Unterdessen sind Arby (Neil Maskell), der alte Carvel und Grant (Oliver Woollford) planlos im Nirgendwo angekommen und geben sich als Familie aus. Grant besteht mittlerweile darauf, wie Arby zu sein und kein Problem damit zu haben, wie sein Vorbild Leute umzulegen. Sein gespielter Vater zweifelt jedoch stark an dieser Einschätzung. Durch das in Ians Jacke versteckte Mobiltelefon, welches nun Grant mit sich herumträgt, macht Jessica schließlich mit Milner im Gepäck die Gruppe ausfindig. Hier in der Ödnis, an einem Ort, der die für die Serie so beispielhaften Farben vermissen lässt, findet ein Showdown statt, der den Prolog zum Finale bildet.
Zuvor gibt es jedoch noch ein kleines Intermezzo mit Michael, der mit Beckys Hilfe seine Frau und seine Tochter aus den Fängen des Networks befreit. Die Flucht soll durch ein ungesichertes Toilettenfenster erfolgen, aber die Tochter „has a heights thing“ („hat so eine Höhengeschichte“) und weigert sich vehement gegen die väterliche Rettungsmethode. Ein rabiaterer Fluchtplan wird gezwungenermaßen kurzerhand ausgeheckt. Gut, dass Michaels Frau sich als hartgesottener als der rettende Ehemann selbst entpuppt.
I said you were a god... and you were. Why shouldn't you choose?
Im ländlichen Nirgendwo kommt es zu zahlreichen Wiedersehensmomenten mit Philip Carvel, der Grant verwirrterweise für seinen Sohn Pietre hält, beinahe von seiner Tochter Jessica ermordet wird - ehe seine Liebesbekundung sie emotional erschüttert - und auch Milner sofort wiedererkennt. Ihr verrät er endlich die Wahrheit über Janus: Ursprünglich sollte die friedliche Bevölkerung einer südostasiatischen Region mit geringem Krebsrisiko auserwählt werden, um fruchtbar zu bleiben, während ein Großteil der restlichen Weltbevölkerung sterilisiert wird. Philip entschied sich jedoch im letzten Moment dafür, seinen eigenen Leuten, den Roma, den Vorzug zu geben.
Milner sieht darin kein großes Problem und zur Vollendung des Plans müssen nur noch wenige Schritte getan werden. Einer davon beinhaltet, sich Arbys und Jessicas zu entledigen. Arby wird von seinem Vater tödlich getroffen, Jessica kann mit ihrem verletzten Bruder fliehen, was nicht ganz unbeabsichtigt scheint. Kurz darauf kommt Wilson mit dem zweiten Teil der Wahrheit über Janus daher: Es macht den Impfstoff gegen die russische Grippe unwirksam. Hunderte Millionen von Menschen mehr werden deswegen an der Krankheit sterben, die eigentlich nur als Alibi zur Einnahme des mit Janus gekoppelten Gegenmittels dienen sollte. Milner weigert sich trotz der neuen Information, den Befehl zum Operationsstart rückgängig zu machen und wird plötzlich von Grant erschossen. Als er sieht, wie Philip auf ihren Tod reagiert, stellt sich heraus, dass Arby Recht behalten sollte, was den Jungen angeht.
Irgendwo hängt in diesem Moment ein Burgerbrater seinen Hut an den Nagel...
Fazit
Wenn wir bereit sind, über die wissenschaftlich fragwürdigen Aspekte der ethnisch-biologischen Selektion im Sinne Philip Carvels hinwegzusehen, ist die vorletzte Episode von Utopia in vielerlei Hinsicht ein gekonnter Showdown vor dem Finale in der nächsten Woche, welches sehr wohl das Serienende sein könnte. Wie könnte es nach der nächsten Folge weitergehen, egal ob Janus aufgehalten wird oder nicht? (Zugegeben: Diese Frage stellte sich bereits gegen Ende der ersten Staffel.) Mit Milner und womöglich auch Arby verabschieden sich zudem zwei der interessanten Antagonisten der jüngeren Fernsehgeschichte vom Bildschirm. Mr. Rabbits unglamouröses Ende durch die Hand eines Kindes, dem Unrecht getan wurde, erinnert dabei beinahe an gewisse fast beliebig anmutende Todesurteile in Game of Thrones.
Neben der wie üblich minimalistisch durchdachten Inszenierung liefert diese Episode in seinem ereignisreichen Semishowdown einen interessanten Kontrast. Während der letzten Hälfte weichen die grellen Farben, die so typisch für Utopia sind, dem lähmenden Grau der englischen Moorlandschaft. Selbst das bedrohliche Gelb, mit welchem wir Milner zu assoziieren gelernt haben, weicht einem Poncho, der eher eine gedeckte Ockerfarbe abgibt. Darstellerisch gibt der gesamte Cast vor allem während der emotionalen Szenen sein Bestes, was besonders im Fall der brillanten und nun ausgeschiedenen Geraldine James melancholisch stimmt.
Trotz der bedrückenden Atmosphäre dieser Endzeitstimmung verbreitenden Episode gab es für Gemüter mit Sinn für schwarzen Humor auch wieder einiges zu lachen. Humorig wurde es etwa durch Ians waffenfähigen Vorhangzug, Milners unangebrachtes Lächeln auf dem Entführungsfoto, Beckys Blutpommeshalluzination oder Jessicas Tipp für Michael bezüglich des rektalen Transports eines Mobiltelefons („Don't use a big one!“ - „Nimm kein großes!“). Nächste Woche werden wir erfahren, wie viel es noch zu lachen gibt, wenn der Plan des Networks womöglich aufgeht und eine der aktuell lohnenswertesten Serien zu Ende sein könnte.