Normalerweise ist man von der Superheldenserie The Flash eine recht flotte und runde Erzählstruktur gewohnt, doch diese Woche scheint irgendwie der Wurm drin zu sein. Der Qualitätsabfall in Family of Rogues ist im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Folgen jetzt zwar nicht eklatant hoch, doch man merkt der dritten Episode dieser zweiten Staffel schon deutlich an, dass nicht wie sonst ein Zahnrad ins nächste greift. Das könnte vor allem an den vielen kleinen Logikfehlern liegen, die sich hier einschleichen.
Zum Schauen von „The Flash“ gehört stets eine Portion suspension of disbelief dazu, um über so manche wirre wissenschaftliche Erklärung hinwegsehen zu können und einfach Spaß an dem Format zu haben. Hier macht sich aber die Summe der vielen fragwürdigen Szenen bemerkbar, was einen als Zuschauer bisweilen ein wenig aus dem Konzept bringen kann. Insgesamt hat dieser Faktor natürlich auch Einfluss auf den Ablauf der Episode selbst, die sich nicht ganz so rund anfühlt wie noch die beiden zuvor.
Auf der anderen Seite warten die Macher mit ein paar charmanten Momentaufnahmen auf, in denen die sympathischen Figuren der Serie glänzen dürfen. Auch für etwas Drama ist gesorgt, was allen voran dem wie so oft guten Jesse L. Martin zuteilwird. Ansonsten wird Wentworth Miller wohl erneut die Massen spalten, tritt er doch abermals in seiner überzeichneten Rolle als Leonard Snart aka Captain Cold auf. Im Schlepptau hat er dabei den bekannten Darsteller Michael Ironside, welcher in „Family of Rogues“ in die Rolle des Vaters von Leonard und Lisa Snart (Peyton List) schlüpft und den Plot erst richtig in Bewegung setzt.
Wormhole
Doch zunächst muss eine äußerst wichtige Frage geklärt werden, die uns alle in der letzten Woche sehr beschäftigt hat: Was hat es genau mit den 52 breaches beziehungsweise Portalen auf sich, die in der letzten Episode (Flash of Two Worlds) eingeführt wurden? Ich ging zunächst davon aus, dass es sich um 52 Zugänge in 52 verschiedene Welten handelt, einige User hatten es wiederum so verstanden, dass es lediglich 52 Portale in eine einzige andere Welt, nämlich Jay Garricks (Teddy Sears) Heimat Earth-Two, sein könnten. Tatsächlich ist letzteres der Fall, wie wir einer kleinen Bemerkung Barrys (Grant Gustin) entnehmen können. Überhaupt dienen die anfänglichen Szenen in den S.T.A.R. Labs dazu, etwas mehr Klarheit in die gesamte Angelegenheit um die diversen Wurmlöcher zu bringen, wobei die Details der wissenschaftlichen Erklärungen vom Zuschauer getrost ausgeblendet werden können.
Barry (Grant Gustin) und Caitlin (Danielle Panabaker) in %26bdquo;Family of Rogues%26ldquo; © The CW
Pick your brain
Letzten Endes ist es nur wichtig, zu wissen, dass das größte der 52 Portale, das sich direkt im Keller der S.T.A.R. Labs befindet, stabilisiert werden muss, um eine sogenannte speed cannon zu erschaffen, über die man unbeschwert durch das Portal nach Earth-Two reisen kann. Dieser Aufgabe nimmt sich Jay höchstpersönlich an, der seine Geschwindigkeit als Flash schwer vermisst, aber von Caitlin (Danielle Panabaker) darauf aufmerksam gemacht wird, dass man keine Superkräfte braucht, um einen Unterschied zu machen. Die Autoren etablieren gleichzeitig deutlich, dass Caitlin etwas für Jay übrighat und sich dementsprechend sehr hibbelig in dessen Anwesenheit verhält. Dies kann bisweilen ein klein wenig nervig sein, auch wenn Caitlins Unbeholfenheit recht amüsant ist.
In Sachen „mögliche zukünftige Beziehungen“ gefällt mir persönlich da die Interaktion zwischen der umtriebigen Patty Spivot und Barry schon wesentlich besser. Nach meiner anfänglichen Vorsicht und Skepsis bezüglich des Charakters sammelt die engagierte Polizistin hier einige Pluspunkte. Darstellerin Shantel VanSanten hinterlässt einen sehr charmanten Eindruck als neuer love interest für Barry. Sie und Grant Gustin verfügen zweifellos über eine sehr angenehme Dynamik miteinander. Wie Kollege Adam schon richtig festgestellt hat, weckt die etwas verpeilte Patty Erinnerungen an Felicity (Emily Bett Rickards) aus Arrow, strahlt aber gleichzeitig auch einen ganz eigenwilligen Charme als eine ambitionierte Frau der Tat aus. Warten wir ab, wie ihre Entwicklung weitergehen wird.
The right thing
Eine andere Entwicklung, die sich bereits in der letzten Episode angedeutet hat, nimmt nun ebenfalls an Fahrt auf. Die plötzliche Rückkehr von Joes totgeglaubter Frau Francine (Vanessa Williams) bringt einige Steine ins Rollen und wird sicher demnächst zu einem größeren Thema werden. Hier bin ich mir aber nach wie vor nicht allzu sicher, was ich von dieser Nebengeschichte halten soll. Wie sich zunächst herausstellt, war der Tod von Iris' (Candice Patton) Mutter nur eine Lüge von Joe, um seine Tochter vor der unschönen Wahrheit zu beschützen, dass sie von ihrer drogenabhängigen und verantwortungslosen Mutter einst einfach so verlassen wurde.
Für Joe war es indes unglaublich schwer, vor Iris diese Lüge jahrelang aufrechterhalten zu müssen, was nun wiederum in einer sehr emotionalen Beichte Joes resultiert. Zuvor finden sich Barry und Joe in vertauschten Rollen wieder, ist es doch dieses Mal der Ziehsohn, der dem Polizisten Mut zuspricht und versichert, dass er als Vaterfigur Iris und Barry erst zu den guten Menschen gemacht hat, die sie heute sind.
Jesse L. Martin haut in dem Gespräch mit seiner Tochter dann alles raus, was er geben kann und rührt dabei sehr. Ebenfalls gut ist, dass Iris Verständnis für das Verhalten ihres Vaters zeigt, der stets nur an ihr Wohl dachte. Einen künstlich aufgesetzten Vater-Tochter-Konflikt hätte es jetzt nicht gebraucht, vor allem, da Joes Handeln, mit der Wahrheit bezüglich Iris' Mutter hinterm Berg zu halten, nachvollziehbar ist. Und auch Iris zeigt sich verständnisvoll und macht ihrem Vater keine Vorwürfe. Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass sie schon bald auf ihre Mutter treffen wird.
Ehrlich zugegeben, deren Interaktion mit Joe in der Bar fand ich doch schon etwas zu klischeehaft, weshalb ich diesen Plot mit Vorsicht genieße. Auch die Begründung der Mutter, für ihre Tochter da sein zu wollen, weil sie gerade die Liebe ihres Lebens verloren hat, ist etwas schwammig. Vielleicht deshalb, weil Iris nicht den Anschein macht, dass sie Hilfe braucht, vor allem nicht von der Person, die sie damals im Stich gelassen hatte. Zumindest scheint man Iris, die sich derweil als Investigativjournalistin verdient macht und lobende Worte von ihrer Kollegin Linda Park (Malese Jow) erntet, wieder etwas mehr zu tun geben zu wollen. Nun wird man sehen, in welche Richtung es sich entwickeln wird.
Bad guys
Über die sehr persönliche Familiengeschichte von Joe und Iris schafft man wiederum eine Parallele zum „Fall der Woche“, der sich ebenfalls um sehr komplizierte Familienbande dreht. Dabei feiert Rogue Leonard Snart aka Captain Cold seine Rückkehr, ebenso wie Schwester Lisa, die von Cisco einst den Beinamen Golden Glider verpasst bekommen hatte. Lisa ist es auch, durch die Team Flash erst auf Cold aufmerksam gemacht wird, welcher mit seinem schwerkriminellen Vater Lewis Snart (Michael Ironside) im Bunde steht und einen großen Einbruch plant. Doch wie erwartet steckt mehr dahinter, denn warum sollte Cold auch mit seinem ungeliebten Erzeuger zusammenarbeiten, der Tochter Lisa als kleines Kind misshandelte?
Barry (Grant Gustin) und Joe (Jesse L. Martin) in %26bdquo;Family of Rogues%26ldquo; © The CW
Casualties
Die Antwort: Der kaltblütige Lewis hat eine Mikrobombe im Kopf seiner eigenen Tochter implementiert und wenn Sohnemann Leonard nicht spurt, sorgt eine Explosion dafür, dass die gute Lisa ähnlich kopflos daherkommt wie ein Komplize von Lewis, den das fast schon psychopathische Scheusal mit einer Mikrobombe derselben Art kurzerhand um die Ecke bringt. Das Positive zuerst: Michael Ironside gefällt mir persönlich gut in dieser kleinen Gastrolle, sind derartig finstere, skrupellose Charakter doch wie für ihn gemacht. Auch Wentworth Miller, trotz gewohnter Theatralik in der Rolle, und Peyton List schlagen sich gut. Doch nun zu den eher nicht so erfreulichen Aspekten dieses Handlungsstrangs, der viele Fragen unbeantwortet lässt und bisweilen sehr seltsam anmutet.
Wie konnte Lewis zum Beispiel die Mikrobombe in Lisas Nacken einpflanzen, geschweige denn in seinen Komplizen? Überhaupt tritt Papa Snart doch recht plötzlich und zufällig auf und auch dessen Motivation ist etwas sehr einfach (Diamanten, immer wieder Diamanten). Bei dem Einbruch häufen sich dann ebenfalls Szenen, die eher verwirrend sind. Barry gibt sich zunächst als ein Techgenie aus, das den Snarts bei ihren Plänen behilflich sein kann. Ohne viel nachzufragen lässt sich Lewis natürlich sofort auf diesen ein. Während es dann recht kurzweilig ist, wie Barry jedwede Eskalation bei dem Einbruch vermeiden will, sollte Lewis doch spätestens dann Verdacht schöpfen, als Barry ohne jegliches Equipment einen Zahlencode an einem Terminal knackt. Zum Abschluss nutzt Cold dann noch seine Frostwaffe, um Lichtschranken zu gefrieren und das Sicherheitssystem auf Eis zu legen.
Wie genau soll dies funktionieren? Wie bereits erwähnt muss man in The Flash im Sinne der guten Unterhaltung immer wieder mal ein Auge bezüglich vorhandener Logiklöcher zudrücken. Hier häufen sich diese leider jedoch so sehr, dass es eher störend als alles andere ist. Die Autoren machen es sich in „Family of Rogues“ schlichtweg zu oft viel zu einfach, was in diesem Ausmaß eher eine Seltenheit in dem Format ist.
Complicated
Doch damit noch nicht genug. Zunächst kann dank Ciscos Erfindungsreichtum eine Art Hochdruckpistole entworfen werden, mit der man Lisa die Mikrobombe entfernen kann. Mit ihrem Leben außer Gefahr entledigt sich Captain Cold seines Vaters, den er mit seiner Frostwaffe durchbohrt - im Übrigen ein ziemlich cooler Effekt. Der eiskalte Fiesling wandert dann jedoch erst mal wieder ins Kittchen, wobei ganz nebenbei ein kleiner Hinweis auf dessen baldige Rolle als mögliche Heldenfigur gemacht wird, die Snart eventuell in dem Spin-off Legends of Tomorrow einnehmen könnte.
Schließlich hat er ja doch ein Herz, wie die Liebe für seine Schwester gezeigt hat. Wirklich lohnenswert ist ein Dasein als Superheld aber nicht. Im Optimalfall wird halt ein Heißgetränk (im Fall von Cold wohl eher ein Eiskaffee) nach dir benannt und du bekommst einen besonderen Ehrentag. Miller merkt man im Zusammenspiel mit Gustin wie jedes Mal den Spaß an seiner sehr comichaften Figur an, doch auch das ist Geschmackssache.
Was mich persönlich dann wiederum sehr aufregt, sind die abschließenden Szenen in den S.T.A.R. Labs. Dort haben Caitlin und Jay nämlich einfach so off-screen das Wurmloch stabilisiert und die speed cannon erschaffen, wodurch das Reisen nach Earth-Two kein Problem mehr sein sollte. Letztlich könnte es egaler nicht sein, wie sie dies fertiggebracht haben, es geht jedoch darum, dass sie es fertiggebracht haben. Aber gerade, wenn man uns vorher eine bedeutungsschwere Rede präsentiert, in der Caitlin Jay aufmuntert, dass er sich selbst nicht nur auf seine verloren gegangenen Superkräfte reduzieren soll, sondern auch über andere wertvolle Fähigkeiten verfügt, dann kann man doch schon erwarten, dass Jay dementsprechend in Aktion tritt und man sich als Zuschauer von seinen vielfältigen Talenten selbst ein Bild machen kann.
Michael Ironside in %26bdquo;Family of Rogues%26ldquo; © The CW
High note
Jay möchte dann am liebsten auch wieder schnell in seine Heimat zurück, um Zoom Einhalt zu gebieten, lässt sich aber davon überzeugen, doch noch auf Earth-One zu verbleiben, um Team Flash im Kampf gegen den superschnellen Bösewicht zu unterstützen. Dafür, dass er seine Kräfte vorher so vermisst hat, lässt er sich doch recht fix wieder davon überzeugen, bei den anderen zu bleiben. Ob er seine Fähigkeiten zurückbekommt, wenn er durch das Wurmloch reist, ist bis jetzt ja auch noch nicht geklärt. All dies überzeugt mich nicht wirklich und fühlt sich sehr holprig an. Etwas Spannung kann man wiederum dadurch erzeugen, dass Dr. Stein (Victor Garber) erneut zusammenbricht, zuvor jedoch erst wie Firestorm in Flammen steht, welche plötzlich ihre rote Farbe wechseln und blau werden. Comicleser dürften in diesem Augenblick wohl an die DC-Figur Deathstorm gedacht haben, die in der Comicvorlage unter anderem in Verbindung mit dem Namen Martin Stein steht.
Team Flash lässt dann in aller Seelenruhe das stabilisierte Wurmloch offen, was sich mir auch nicht wirklich erschließt und natürlich schwerwiegende Folgen hat. Denn niemand Geringeres als Harrison Wells (Tom Cavanaugh) tritt plötzlich durch das Portal. Was er auf Earth-One will, ist nicht klar, sein Gesichtsausdruck sieht aber alles andere als freundlich aus. Ja, auch Wells' Auftritt wirft einige spannende Fragen für die kommenden Episoden auf, aber die Art und Weise, wie die Autoren dafür sorgen, dass dieser in Barrys Welt kommt, ist nicht sehr zufriedenstellend. Die Charaktere aus Team Flash verhalten sich schlichtweg zu einfältig für ihre Verhältnisse, indem sie das Portal offen lassen. Und dabei wissen sie doch, dass aus den breaches allerlei Gefahren kommen können. Ein Ende, das einen sehr eigenartigen Beigeschmack hat.
Fazit
Auch in der dritten Episode der zweiten Staffel von The Flash beweisen die Serienmacher, dass sie ihre Protagonisten nach wie vor charmant in Szene setzen können. So lassen sich in Family of Rogues einige schöne kleine Charaktermomente finden, zum Beispiel zwischen Barry und Patty oder auch zwischen Cisco und Lisa Snart. Letztlich ist es der technikaffine Nerd, der aufgrund seines Mitgefühls für Lisa dafür sorgt, dass Barry als Flash Leonard Snart aka Captain Cold unter die Arme greift, obwohl der Speedster eigentlich keinen triftigen Grund hat, dem Schurken zu helfen - offene Schulden hin oder her. Aber mit diesem leicht konstruierten Plot kann man sich als Zuschauer noch arrangieren.
Weitaus schwieriger ist es da schon, über die zahlreichen kleinen bis mittelgroßen, störenden Details hinwegzusehen, die sich in ihrer Summe einfach bemerkbar machen. So verkommt Family of Rogues zu einer eher durchschnittlichen Episode mit kleinen Lichtblicken und vielen offenen Fragen sowie fragwürdigen Momenten, in denen sich die Figuren arg seltsam verhalten. Hoffen wir, dass dies nur ein Ausrutscher der Autoren war.
Wie immer, wenn Captain Cold in einer „The Flash“-Episode auftritt, entschuldige ich mich für die zahlreichen gewollten (und ungewollten) Wortspiele. Zum Glück war Mick Rory aka Heat Wave nicht zu sehen...
Trailer zur „The Flash“-Episode „The Fury of Firestorm“ (2x04):