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Ein schlüpfriger Regierungsskandal geht Elizabeth (Claire Foy) und Philip (Matt Smith) an die Nieren.
Elizabeth zieht sich daraufhin für die Dauer ihrer komplizierten Schwangerschaft nach Schottland zurück.
Die millionenschwere Netflix-Produktion The Crown erfreut seit dem 8. Dezember mit ihrer zweiten Staffel nicht nur geschichtsinteressierte „Royals“-Fans weltweit. Sie lockt auch Freunde feiner Schauwerte und exzellenter Darbietungen an, letztere allen voran von Hauptdarstellerin Claire Foy, die unentwegt glänzt und einen Großteil der Geschichten im Alleingang trägt. Die erste Staffel des Historiendramas würde ich persönlich etwas besser einstufen als die neue Staffel, welche sich aber ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau bewegt und dabei ein paar interessante Änderungen vornimmt, die den Stärken des Formats durchaus entgegenkommen.
Es ist jedoch nicht alles Gold, was in dem hochwertig ausgestatteten period piece glänzt. Insbesondere ein Thema kocht seit der Veröffentlichung der zweiten Staffel von „The Crown“ immer wieder hoch, ob nun aufseiten der Zuschauerschaft oder auch in Kritikerkreisen. Die Rede ist von „Problembär“ Philip, Elizabeths Gemahl, der in den neuen Folgen mehr denn jemals zuvor zu tun bekommt und immer wieder ein Gegengewicht zur Königin von England darstellt. Die Kritik rührt jedoch nicht daher, dass Schauspieler Matt Smith irgendetwas falsch macht. In ihm hat man für die Rolle Philips von Beginn an einen hervorragenden Schauspieler gefunden, der die Eigenheiten des nicht immer unumstrittenen Monarchen sehenswert wiedergibt. Der Unmut hat andere Gründe.
Viele ärgern sich gewaltig mit dem Charakter Philip per se herum, was ich vollends nachvollziehen kann. Bereits in der ersten Staffel fiel Philip damit auf, besonders grantig und ungewillt zu sein, sich auf sein neues Leben an der Seite seiner prominenten Ehefrau einzulassen. Er lechzte nicht nur nach persönlichen Freiheiten, die er als Prinzgemahl einbüßen muss, sondern auch nach Anerkennung und Respekt. Elizabeth tat alles Mögliche, um es ihrem Gatten recht zu machen, der sich teilweise wie ein kleines, bockiges Kind aufführte. All dies wird in der zweiten Staffel jetzt sogar noch auf die Spitze getrieben, wodurch Philip schnell als Unsympath und Fiesling in Erscheinung tritt, der mitunter eine größere Herausforderung für Elizabeth darstellt als etwaige politische Unruhen in fernen Commonwealth-Staaten.
Als Beobachter kann dies wahnsinnig frustrierend sein. Wir werden Zeugen einer außergewöhnlichen Ehe, deren Belastung einzigartig ist. Die Last der Krone, die Elizabeth zu buckeln hat, erdrückt manchmal nicht nur sie, sondern eben auch die Beziehung mit ihrem Mann. Dieser ist wiederum extrem geltungsbedürftig und egozentrisch. Weil uns immer wieder vor Augen geführt wird, wie schwierig und komplex das Leben der Queen ist, was von ihr verlangt und erwartet wird, fühlen wir permanent mit ihr mit. Philip hingegen wirkt bisweilen erschreckend empathiebefreit und entwickelt sich so phasenweise zu einer Art Bösewicht, der nur auf sich selbst bedacht und unfähig ist, sich in die Lage seiner Lebenspartnerin hineinzuversetzen.
Warum ist das so? Es ist vielleicht erst einmal ratsam festzuhalten, dass der echte Philip, Duke of Edinburgh und mittlerweile stolze 96 Jahre alt, sich in seinen jungen Jahren tatsächlich nicht immer makellos verhalten hat und durch ungeschickte Bemerkungen bei Staatsbesuchen oder Ähnlichem auffiel. Peter Morgans, Serienschöpfer und Drehbuchautor, heißer Draht in den inneren Kreis des Buckingham Palace wird ihm indes genug Material verschafft haben, die pikanten Szenen einer Ehe in einer fiktionalen Serie über die britische Krone glaubhaft zu gestalten. Ein Fünkchen Wahrheit ist also mindestens an dieser komplizierten Ehe dran und unvorstellbar ist es sowieso nicht, dass bei all dem internen und externen Druck auf die royalen Eheleute auch immer wieder mal hinter geschlossenen Türen Dampf abgelassen wurde.
Peter Morgan geht also ganz bewusst auf diesen Aspekt der Ehe zwischen Elizabeth und Philip ein und hat dabei ein klares Ziel vor Augen: Die Queen und ihr Mann haben trotz ihrer privilegierten, besonderen Stellung genau die gleichen häuslichen Probleme, die in jeder anderen Ehe auch vorkommen können. Das unnahbare Königspaar wird also normalisiert und für viele Zuschauer ist es ein Einfaches, einen persönlichen Bezug zu diesem Drama herzustellen und sich davon ansprechen, bewegen und mitreißen zu lassen. Von der Grundidee ein guter Einfall und ein mehr als probates Mittel, sein Publikum noch mehr zu involvieren. Wenn man dann noch auf talentierte Darsteller wie Claire Foy und Matt Smith zurückgreifen kann, die dieses spezielle Verhältnis ihrer Charaktere eindringlich und hochemotional zum Besten geben, ist der Erfolg garantiert.
Das Problem in der zweiten Staffel von The Crown ist jedoch, dass der Ehestress zwischen Elizabeth und Philip recht einseitig ist. Der Aggressor ist stets Philip. Er ist es, über den Interna an die Öffentlichkeit dringen, weil er sich nicht von seinem sexistischen Herrenclub trennen kann, er ist es, der maßlos seinen persönlichen Gelüsten nacheifert, er ist es, der mit harter Hand seinen Sohn Charles durch die Hölle auf Erden schickt, weil er seinen Sohn dazu zwingen will, wie er zu sein. Das mag alles auf wahren, historischen Begebenheiten basieren, dennoch sind all diese Schattenseiten Philips nicht wirklich hilfreich, ihm etwas Gutes abzugewinnen. Ganz im Gegenteil sogar. Philip wird zum Buhmann, bei dem man sich äußerst schwertut, seine „First World Problems“ - „Niemand respektiert mich! Ich will raus in die weite Welt! Ich möchte mit der bezaubernden Jackie Kennedy plaudern! Ich, ich, ich!“ - nachzuvollziehen.
Ironischerweise verbirgt sich hinter Philips egozentrischer Fassade ein durchaus tragischer Charakter, der auf traumatische Weise einen Großteil seiner Liebsten verloren hat und aufgrund seiner Familiengeschichte (genauer: ein enges Verhältnis zu den Strippenziehern des Dritten Reiches) als Gatte Elizabeths von Anfang an einen schweren Stand hatte. Sowohl in den Augen von Elizabeth' Familie als auch in den Augen der Presse und britischen Bevölkerung. An und für sich wird viel Zeit investiert, Philips Wesen zu ergründen und aufzuzeigen, warum er sich so verhält, wie er sich verhält. Unglücklicherweise wiederholt sich Peter Morgan dabei ab und zu, vor allem bezüglich Philips Frauengeschichten und angedeuteter Untreue gegenüber Elizabeth, ohne dass Philip eine Entwicklung macht oder gar Reue zeigt. Es ist schlichtweg immer wieder das gleiche Spiel mit ihm, krallt er sich doch auf Biegen und Brechen an sein altes, unbeschwertes Leben, als er weniger Verantwortung hatte. Ja, Philips Freiheitsdrang kann man verstehen. Aber war er sich nicht bewusst, dass es nicht ewig so weitergehen kann, vor allem in einer intimen, auf Vertrauen basierenden Beziehung wie einer Ehe?
Und das ist wohl das Ärgerlichste überhaupt: Er bessert sich nicht. Er bekommt eine Chance nach der anderen, verfällt aber immer wieder in alte Muster. Da kann man die sonst so besonnene Elizabeth, die Philip gerade wegen seiner Eigenart, seiner Unverfrorenheit und seinem spitzbübischen Gemüt in ihr Herz geschlossen hat, schon verstehen, wenn ihr plötzlich der Kragen platzt und sie Tacheles mit ihm redet. So manövriert The Crown sich im Laufe der zweiten Staffel gelegentlich in eine kleine „Philip-Falle“, aus der es nur schwierig wieder rauskommt. Wir sollen uns ganz bewusst über ihn ärgern, damit wir nur noch mehr Elizabeth' erstaunlichen Charakter wertschätzen und erkennen, wie unerschütterlich sie tatsächlich ist. Aber zu welchem Preis? Elizabeth' Ehemann ist ein zentraler Faktor in ihrem Leben und in den kommenden Staffeln wird sich daran nicht viel ändern. Wenn Philip aber nach dieser zweiten Staffel von vielen Zuschauern gehasst wird, steht der nächste Darsteller des Prinzen vor einer gewaltigen Aufgabe, das Ruder wieder rumzureißen.
Es muss sogar die Frage erlaubt sein, ob Philip überhaupt über eine ausgleichende Qualität verfügt, die ihn in unserer Gunst wieder steigen lässt. Aber, Halt. Er kann ja eben doch ein liebender Vater und Ehemann sein, das sehen wir in der zweiten Staffel in einigen Momentaufnahmen auch immer wieder. Philip wird dann aber erneut von seinen eigenen Lastern und Dämonen gegeißelt und gelenkt. Den totalen Abgesang auf den Charakter möchte ich aber keinesfalls anstimmen. Tatsächlich glaube ich, dass man aus der Dynamik zwischen Elizabeth und Philip noch extrem viel herausholen kann. Mit ein paar Anpassungen versteht sich. Und vielleicht mussten wir jetzt einfach mal durch und diese anstrengende Phase Philips ertragen. Denn, so zeigt es die zehnte und letzte Folge der zweiten Staffel von The Crown, der Prinz kann auch anders. Eine Staffel lang mussten wir und Elizabeth mit Philip ringen, eine Staffel lang hat er sich ausgetobt. Eine Staffel braucht es, damit Philip alles aus seinem System rausbekommt, den kalten, königlichen Entzug über sich ergehen lässt und endlich seine eigentliche Rolle annimmt.
Nicht als sprunghafter Halodri, sondern eben als sich sorgender Ehemann, Familienvater und pflichtbewusster Repräsentant des englischen Königshauses. Das mag nicht das lockere, sündhafte Leben sein, das er sich erträumt und teilweise in vollen Zügen genossen hat. Aber das ist nun mal die Realität dieser Ehe und Beziehung. Kurz gesagt: Philip muss jetzt erwachsen werden. Und damit konfrontiert ihn letzten Endes auch Elizabeth, die ihm paradoxerweise eigentlich gar nicht wirklich Druck machen kann, weil eine Scheidung eh keine Option ist. Sie sitzen beide in einem Boot und es funktioniert nur, wenn sie gemeinsam in die gleiche Richtung rudern. Und siehe da, Philip zeigt Einsicht. Bei all den kraftvollen Szenen, die sich zwischen Claire Foy und Matt Smith in der zweiten Staffel von The Crown abspielen, hallt bei mir persönlich der Moment beim chaotischen Familienporträt der Königsfamilie, als Philip in unnachahmlicher Manier für Ruhe sorgt, ungemein nach.
Es huscht ein Lächeln über das Gesicht von Elizabeth, als Philip für sie den ganzen nervtötenden Trubel mit einem kräftigen „For Christ's sake! Take the photo!“ unterbindet. Zuvor wurde noch einmal mehr deutlich gemacht, wie viel Energie Elizabeth in ihrer Rolle als Queen abverlangt wird. Wie anstrengend, undankbar und schwierig diese Rolle ist. Und endlich erkennt Philip all dies. Jetzt ist er bereit, für seine Frau und Königin da zu sein. In guten wie in schlechten Zeiten. Das sicherlich auf seine eigene Art, aber bedingungslos und verständnisvoll. Dass er in naher Zukunft sicherlich das eine oder andere Mal auffallen wird, ist zu erwarten. Aber mit diesem kleinen Augenblick, der demonstrative Griff Elizabeth' nach Philips Hand, der durchaus ihr Fels in der Brandung sein kann, davon geht eine große Bedeutung aus. Und das macht so einiges wieder gut, was vorher vielleicht etwas frustrierend gewesen ist.
Wie hat Euch die zweite Staffel von „The Crown“ gefallen? Wie steht Ihr zu der Causa Philip? Hattet Ihr ähnliche Probleme mit dem Charakter oder sind Euch andere Aspekte mehr aufgefallen?
Trailer zur zweiten Staffel von „The Crown“:
Darsteller | Rolle | |
---|---|---|
Claire Foy | …………… | Queen Elizabeth II |
Vanessa Kirby | …………… | Princess Margaret |
Victoria Hamilton | …………… | Queen Elizabeth the Queen Mother |
Matt Smith | …………… | Prince Philip, Duke of Edinburgh |
Matthew Goode | …………… | Tony Armstrong-Jones |
Anton Lesser | …………… | Harold MacMillan |
Will Keen | …………… | Michael Adeane |
Richard Lintern | …………… | Stephen Ward |
Tim Steed | …………… | John Profumo |
Mark Tandy | …………… | Cecil Beaton |
Sylvestra Le Touzel | …………… | Dorothy MacMillan |
Patrick Warner | …………… | Peter Cook |
Ryan Sampson | …………… | Dudley Moore |
Joshua Lacey | …………… | Jonathan Miller (as Josh Lacey) |
Seb Carrington | …………… | Alan Bennett |
Paul Clayton | …………… | Bob Boothby |
Oliver Maltman | …………… | Jim Orr |
James Laurenson | …………… | Doctor Weir |
Michael Eaves | …………… | Dean of Windsor |
James Hillier | …………… | Equerry |
Chris Gordon | …………… | Duke of Edinburgh's Valet |
David Annen | …………… | Alec Douglas-Home |
Clare Holman | …………… | Princess Marina |
Lyla Barrett-Rye | …………… | Princess Anne |
Julian Baring | …………… | Prince Charles |
Peter Wight | …………… | Newspaper Editor |
Tom Lawrence | …………… | Reporter |
Peter Forbes | …………… | Barrister |
Gala Gordon | …………… | Christine Keeler |
Clifford Barry | …………… | Detective |
Paul Dewdney | …………… | Charles W Wilmot / Returning Officer |
Gary Kiely | …………… | First Reporter |
Catherine Monfils | …………… | Nurse |
Bernardo Santos | …………… | Protester |
Mark Sayer | …………… | Detective |
Angus Scott | …………… | Resident Factor of Balmoral |
Baltazar Oliva | …………… | Press |
Nick Owenford | …………… | Press |
Daniel Ponomari | …………… | Martin (footman) |
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