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Charlie steht vor ihrer bisher größten Herausforderung, als sie in das Kreuzfeuer eines tödlichen Machtspiels gerät, das sie ins Visier zweier skrupelloser Verbrechersyndikate und des FBI bringt.
Für die erste Staffelkritik der fantastischen Peacock-Krimiserie Poker Face haben wir uns etwas Besonders ausgedacht. Statt eines gewöhnlichen Reviews widmen wir jedem Fall der menschlichen Lügendetektorin Charlie Cale (Natasha Lyonne, Russian Doll) eine eigene Seite mit Minibesprechung. So könnt Ihr Euch durch die gesamte Staffel mit sämtlichen Gaststars und Morden klicken, um so einen besseren Eindruck von der „Columbo“-inspirierten Howcatchem-Serie von Mastermind Rian Johnson („Knives Out“, „Star Wars 8“) zu bekommen, die sich auf beste Weise gleichzeitig nostalgisch und frisch anfühlt.
Update: Mittlerweile wissen wir, dass die erste Season von „Poker Face“ ab Montag, den 24. April bei Sky Deutschland zu sehen sein wird.
Im „Poker Face“-Auftakt Dead Man's Hand, den wir bereits ausführlich im Pilotreview besprochen haben, arbeitet Charlie noch im Casino, in dem ihre Kollegin Natalie (Dascha Polanco) im Auftrag ihres Bosses Sterling Frost Jr. (Oscarpreisträger Adrien Brody) um die Ecke gebracht wird, nachdem sie illegale Inhalte auf dem Computer eines einflussreichen Gastes entdeckt hatte. Als Charlies Boss plötzlich Interesse an ihrer ungewöhnlichen Fähigkeit, sagen zu können, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt, entwickelt, arbeiten sie eng zusammen und die chaotische Biertrinkerin ahnt bald, dass dem cholerischen Mann von Natalie die Tat nur in die Schuhe geschoben wurde. Nach der Auflösung des Falles begibt sich Charlie in ihrem blauen Plymouth Barracuda auf die Reise und Flucht quer durch die Vereinigten Staaten, denn Sterling Frost Senior (Ron Perlman) gelobt Rache für seinen Sohn und hat schon seinen Schergen auf sie angesetzt.
Die Debütepisode hinterlässt einen sehr guten Ersteindruck und lässt das Potential des Formats erahnen. Lyonne ist charismatisch wie immer, Brody gibt einen hervorragenden Szenenpartner in Crime ab und gleichzeitig wird die Befürchtung beerdigt, dass Charlies Lügendetektorfähigkeit das Überführen der Mörder allzu einfach gestalten könnte.
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Angeschossen und ohne Geld erreicht Charlie in The Night Shift gerade noch so eine Autowerkstatt bei einer Truckstop-Raststätte in der Nähe von Albuquerque. Weil sie dann doch den Geldautomaten benutzen muss, sind ihr kurz darauf die Casino-Gangster auf den Fersen, weshalb sie so schnell wie möglich die Biege macht. Vorher will sie aber noch den Mord am Sandwichverkäufer und -Influencer Damian (Brandon Micheal Hall) auflösen, der der Truckerin Marge (Hong Chau) angehängt wurde, die Charlie mit ihrer Verletzung half. In Wahrheit wurde der Mord vom Nachwuchsmechaniker Jed (Colton Ryan) begangen, als er Damian vom Dach schubste, nachdem er hatte mitansehen müssen, wie sein romantischer Rivale mit besseren Chancen bei der Verkäuferin Sara (Megan Suri) einen Rubbellosgewinn freigerubbelt hatte.
Jed ist nicht der gewiefteste Gegenspieler für Charlie, dafür hat sie tolle Chemie mit der von Chau gespielten Marge, die aber leider viel zu wenig in der Folge vorkommt. Die abermals von Rian Johnson gedrehte Episode demonstriert jedoch hervorragend, wie die Serie Einzelfälle pro Folge anbietet, ohne die Rahmenhandlung aus dem Auge zu verlieren.
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The Stall wendet erstmals einen Trick an, den „Poker Face“ ab der dritten Episode öfters abzieht: nach der ersten Hälfte mit der Darstellung des Mordes in der Zeit zurückzuspringen, um zu offenbaren, dass Charlie längst im Umfeld von Täter und Opfer zu jobben begonnen hat. In diesem Fall im beliebten BBQ-Imperium der Brüder George (Larry Brown) und Taffy Boyle (Lil Rel Howery) in Texas. Als George plötzlich Veganer wird und dem Geschäft den Rücken kehren will, sieht Taffy nur einen Weg, um das BBQ-Business zu retten und macht dabei mit Mandy (Danielle Macdonald), der ehrgeizigen Ehefrau des Opfers, gemeinsame Sache, um das perfekte Alibi zu schaffen.
Wie in der geistigen Vorlage „Columbo“ muss Charlie sich in das Milieu des Falles hineinarbeiten und einiges zum Thema Grillen lernen, um Taffy schließlich zu überführen, was aber nur halb so amüsant ist wie der eigentliche Schurke der Episode: der garstige MAGA-Hund, den Charlie auf dem Weg aufgabelt, woraufhin dieser nur rassistische Radiosendungen hören will.
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Chloë Sevigny, die schon in Russian Doll neben Natasha Lyonne zu sehen war, in welchem sie ihre (junge) Mutter spielte, ist in der Episode Rest in Metal ein mörderischer Rockstar. Als Leadsängerin der abgehalfterten Band Doxxxology nimmt ihre Serienfigur Ruby Ruin den jungen Drummer Gavin (Nicholas Cirillo) sowie Charlie als Merchverkäuferin mit auf Tour. Als Gavin ihr einen Song vorträgt, der nach vielen Jahren zum zweiten Hit für ihre Band werden könnte, verschwört sie sich mit ihren Bandkollegen (John Darnielle und G. K. Umeh), um den Schlagzeuger mit seinem eigenen Equipment totzurocken.
Mehrere Aspekte machen diese Folge zu einem Highlight der Season: Sevigny als mörderischer Gaststar, die herzliche Verbindung zwischen Charlie und dem impulsiven Drummer, der Extratwist bezüglich des vermeintlichen Hits von Gavin sowie die Tatsache, dass der Casino-Handlanger Cliff (Benjamin Bratt) der Roadtrip-Ermittlerin erstmals auf die Spur kommt.
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Mörderische Golden Girls zeichnen in Time of the Monkey für einen Seniorenmord verantwortlich. Während Charlie im Mossy-Oaks-Altenheim anheuert, freundet sie sich mit den Althippies Irene (Judith Light) und Joyce (S. Epatha Merkerson, Law & Order) an, die vom Einzug ihres ehemaligen Protestgruppen-Gurus Gabriel (Reed Birney) überrumpelt werden. Als sie erfahren, dass er seine Leute damals an die Polizei verraten hat, schmieden sie einen Racheplan, bei dem ihr Mord als Herzinfarkt kaschiert werden soll. Erst, als Charlie durch den FBI-Agenten Luca (Simon Helberg) erfährt, was der Kult von Irene und Joyce damals plante, traut sie ihren rüstigen Freundinnen mörderische Intentionen zu.
Ganz wunderbar geben Light und Merkerson verschworene, gefährliche Hippiefreundinnen im besten Alter zum Besten, mit denen es am Ende der Episode sogar zu einer hartgesottenen Actionkampfszene gegen Charlie kommt. Der ehemalige „Wer-ist-hier-der-Boss?“-Star übernahm dabei sogar zum Teil ihre eigenen Stunts.
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In Exit Stage Death öffnet sich der Vorhang für Schauspieldiva Kathleen Townsend (Ellen Barkin) und ihren ehemaligen Co-Star Michael Graves (Tim Meadows), die ihre Bekanntheit durch die alte Copserie „Spooky and the Cop“ wiederaufleben lassen wollen, indem sie zusammen ein Theaterstück namens „The Ghosts of Pensacola“ aufführen. Dabei gehen sie sich bald wieder so sehr an die Kehle, dass sie anscheinend gegenseitige Mordpläne schmieden, die während der Vorführung vonstatten gehen sollen. Zu Tode kommt dabei allerdings Michaels wohlhabende Ehefrau Ava (Jameela Jamil), was Bardame Charlie, die längst vom Etablissement angeheuert wurde, backstage ermitteln lässt.
Die Episode wartet nach der Hälfte der Spielzeit mit einer unerwarteten Wendung auf, die das bisher Gesehene in einen neuen Kontext setzt. Besonders Hollywoodstar Ellen Barkin scheint hier viel Spaß daran zu haben, eine dramatische Diva darzustellen, wodurch ihr Gastbeitrag zur Serie besonders unterhaltsam anzusehen ist.
Das Drag-Racing-Milieu ist das Setting der Episode The Future of the Sport, in welcher der ältere Rennfahrer Keith Owens (Tim Blake Nelson) vom Nachwuchstalent Davis McDowell (Charles Melton) in den Schatten gestellt wird. Bevor er sich zur Ruhe setzt und seiner ehrgeizigen Tochter Katy (Jasmine Aiyana Garvin) die Rennbahn überlässt, will er es dem jungen Wilden einmal zeigen und sabotiert seinen Wagen. Doch, selbst wenn man denkt zu wissen, wie der Rennhase läuft, überrascht einen der doppelbödige Fall erneut. Charlie freundete sich kurz vor dem Unfall durch Sabotage mit Davis und seiner Mutter Jean (Angel Desai) an, die mit ihr im benachbarten Go-Karts-Arcade-Laden arbeitet und muss herausfinden, wer hier überhaupt wen nicht um die Ecke bringen wollte.
Die Episode spielt erneut mit unseren Erwartungen und versucht vielleicht sogar etwas zu sehr, uns zu überraschen, anstatt einfach einen spannenden Fall mit einem Hin und Her zwischen der Ermittlerin und der Täterperson zu erzählen. Sie ist aber wie immer ein gut konstruierter Ritt mit vielen persönlichen Verbindungen, die Chamäleondame Charlie in kürzester Zeit aufbaut.
Ein absolutes Staffel-Highlight mit dem Titel The Orpheus Syndrome wurde von Serienstar Natasha Lyonne höchstpersönlich geschrieben und Inszeniert. Um die Wahrheit über den Tod einer Schauspielerin in den 80ern zu vertuschen, bringt die Filmemacherin Laura (Cherry Jones) erst ihren Exmann Max (Tim Russ) um und braucht dann die Hilfe des nichtsahnenden Spezialeffektspezialisten Arthur (Nick Nolte), um ihre Spuren zu verwischen. Die mörderische Rechnung hat sie aber ohne Charlie gemacht, die im Workshop des von Schuldgefühlen geplagten Effektmeisters assistiert.
Thematisch stark mit dem Orpheus-Mythos verwoben und gespickt mit Stop-Motion-Spezialeffekten von FX-Profi Phil Tippett, macht diese Episode auch optisch einiges her. Noch eindringlicher sind nur die Performances der drei Hauptbeteiligten. Vor allem Lyonne und Nolte beweisen melodramatische Chemie miteinander als zwei einsame, gebrochene Seelen mit traumatischer Vergangenheit. Nur passend, dass die Episode gleich mehrere tragische Wendungen nimmt und auch entsprechend ausgeht.
Rian Johnsons Angewohnheit, Joseph Gordon-Levitt in ziemlich jedem seiner Projekte unterzubringen, erledigt er mit der Episode Escape From Shit Mountain, in der abermals mit der Formel der Serie gespielt wird und für die Johnson höchstpersönlich auf den Regiestuhl zurückkehrte. Charlie landet in einem Nationalpark in Colorado, in dem sie sich zunächst auf eine kurze Liebschaft einlässt, ehe sie zurück auf die Straße muss. Dabei begegnet ihr eine verschrobene Kleptomanin (Stephanie Hsu), mit der sie kurz darauf in ein Mordkomplott des unter Hausarrest stehenden Geschäftsmannes Trey Nelson (JGL) und seines alten Freundes Jimmy (David Castaneda) verwickelt wird. Ein gefährliches Kammerspiel in einer verschneiten Hütte ist die Folge.
Die Episode ist nicht nur ein ziemlich taffer Thriller, sondern lässt unsere Erwartungen bezüglich des unausweichlichen Mord- beziehungsweise Kriminalfalls erneut alt aussehen. Dabei geht sie ganz schön heftig mit unserer geschundenen Hauptfigur um, die nicht nur ihre eigene Haut retten muss, sondern gleichzeitig einen Jahre zurückliegenden Mord aufdeckt.
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Im Staffelfinale mit dem Titel The Hook holt Charlies Vergangenheit, verkörpert durch ihren ständigen Verfolger Cliff (Benjamin Bratt), sie endlich ein und sie wird zurück nach Atlantic City kutschiert, wo Casino-Chef Sterling Frost (Ron Perlman) ihr überraschenderweise nicht mehr an den Kragen will. Stattdessen hat er als Déjà-vu der ersten Episode ein Jobangebot für sie, bei dem Charlie ihre Lügendetektorfähigkeiten einsetzen soll, um ihm bei einem Treffen der Five Families, zu denen auch seine Casino-Rivalin Beatrix Hasp zählt, unter die Arme zu greifen. Doch es kommt ganz anders und bald ist Charlie erneut auf der Flucht vor ganz neuen Verfolgern...
Während man sich den familiären Abstecher zu Charlies Schwester Emily (Clea DuVall) hätte sparen können, um etwas mehr Zeit in den unterentwickelten Mord der Folge zu investieren, erledigt das Staffel-Finale gleich mehrere Dinge sehr gekonnt. Zum einen lassen wird die Season aus der Perspektive von Verfolger Cliff Revue passieren, zum anderen fungiert sie als hook (!) für die bereits bestellte zweite Staffel, denn mit Beatrix Hasp („Cheers“-Star Rhea Perlman - übrigens nicht verwandt mit Ron) und den fünf Familien ist Charlie nun ein noch gefährlicheres Netzwerk des organisierten Verbrechens auf der Spur...
Darsteller | Rolle | |
---|---|---|
Natasha Lyonne | …………… | Charlie Cale |
Ron Perlman | …………… | Sterling Frost, Sr. |
Simon Helberg | …………… | Luca |
Clea DuVall | …………… | Emily Cale |
Benjamin Bratt | …………… | Cliff Legrand |
Rhea Perlman | …………… | Beatrix Hasp (voice) |
Willa Dunn | …………… | Shasta |
Donna Winfield | …………… | Janelle |
Dwelvan David | …………… | Edwin |
Jon Okabayashi | …………… | BBQ Man |
Brian Faherty | …………… | Short Order Cook |
Chloë Caro | …………… | Office Worker |
Alexi Wasser | …………… | Staggeringly Drunk Woman |
Adrien Brody | …………… | Sterling Frost, Jr. (voice) |
Elijah George | …………… | Atlantic City PD |
Jamie Pohs | …………… | Bachelorette |
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