Was passiert?
Ed ist verliebt! Mit seiner neuen Flamme geht es auf einen kurzen Urlaubsausflug, der jedoch nicht so verläuft, wie der Captain es sich vorstellt. Derweil plant Gordon auf der Orville seinen nächsten Karriereschritt...
Dies & das
- Der neue (Interims-)Sicherheitschef Tharl alias Patrick Warburton erhält einen weiteren Auftritt, der letztlich genauso sinnlos daherkommt, wie der erste.
- Klyden wird im Vorspann genannt, taucht aber nicht auf.
Spruch
„At least I know who Billy Joel is." (Mercer)
Das hättest du bei Star Trek sicher nicht gesehen
Diese Rubrik steht kurz vor der Einstellung. Auch wenn vereinzelte Sequenzen und Dialoge immer noch typisch Orville sind, schreit die Serie an jeder Stelle ihre Annäherung an 90er-Jahre-Trek heraus. The Orville ist keine laute Klamauk-Show mit Trek-Elementen mehr, sondern wirklich Seth MacFarlanes persönliche Old-School-Trek-Serie mit ein paar Scherzen und somit inzwischen auch viel näher an „Galaxy Quest“, als man das je für möglich halten konnte.
Ed & die Kartographin
Wenn etwas unter den Fans der Serie in der bisherigen Laufzeit bereits für Ermüdungserscheinungen gesorgt hat, dann ganz sicher das andauernde Liebesdrama zwischen Ed Mercer und seiner Kelly. Und wirklich: Die Fokussierung auf die gescheiterte Ehe, den Ehebetrug (oder eben nicht) und die Auswirkungen auf die Zusammenarbeit scheinen ein großes Anliegen der Autoren zu sein. Als störend empfinde ich diese Einwürfe nicht, es wäre dennoch schön, wenn sie nicht ständig zu sehr in den Mittelpunkt gerückt würden - es gibt schließlich so viel anderes zu erforschen.
Doch als hätte ich diesen Gedanken zum Auftakt der Rezension absichtlich gewählt, bietet die neue Episode direkt wieder ein neues Kapitel der Geschichte an. Am Status Quo bei Kelly hat sich nichts geändert; immer noch ist sie glücklich mit ihrem Cassius. Ed hingegen versucht nun auch, zurück in ein erfreuliches Privatleben zu finden: er datet die zu Staffelbeginn hinzugekommene Kartographin Janel Tyler. Klar, dass die ganze Crew bereits im Bilde ist, schließlich hat der Captain zur Abwechslung mal gute Laune. Auch Kelly weiß längst Bescheid, gewährt dem Ex aber das Recht, auf sie zuzukommen, wenn er bereit dafür ist. Nach einem Gespräch mit dem besten Buddy Gordon ist es dann auch soweit und fällt viel weniger dramatisch aus, als Ed es sich ausgemalt hatte. Mit dem Segen von Gordon und Kelly bricht das junge Paar (das sich die Zeit bisher mit Filmabenden in der Abgeschiedenheit des Quartiers des Captains vertrieben hatte) zu einem Shuttletrip in den Kurzurlaub auf.
Nun, der geneigte Genrefan kennt solche Ausflüge. Selten kommen die Personen dort an, wo sie eigentlich hinwollen. Selten geht alles glatt und oft muss man sich über allzu generische Plotentwicklungen ärgern.
Es kommt also, wie es kommen musste. Die Krill tauchen plötzlich auf und enttarnen das eigentlich so schön getarnte Shuttle mit einer schlauen List. So weit, so schnarchig. Auf dem Schiff der übellaunigen Spezies werden die Dinge nicht besser. Janel wird gefoltert und Ed dadurch zum Preisgeben der Kommandocodes gezwungen. Erst später erfahren wir, dass er absichtlich falsche Codes geliefert hatte, die die Krill eine Weile mit Fake-Infos versorgt hätten. Eine clevere Aktion des Captains (und der Union), die ihm und Janel unter Umständen Zeit zur Flucht oder Rettung verschafft hätte.
Interessant ist an dieser Aktion aber natürlich etwas anderes. Erst vor wenigen Episoden hatte Kelly Ed erklärt, warum eine Beziehung nicht mehr in Frage käme, solange die beiden gemeinsam auf einem Schiff dienen würden. Ed könnte in schwierigen Situationen noch zusätzlich in die Bredouille geraten. Der Captain wollte das Argument nicht gelten lassen, sondern lieber abwarten, bis so eine vollkommen hypothetische Situation einträte. Das ist hier nun der Fall. Dass Ed ein Ass im Ärmel hat, ist sicher eine feine Sache, für eine Erkenntnis dürfte die Sache bei ihm aber ebenfalls reichen.
Bis zu diesem Punkt musste man es einfach eingestehen: Wir hatten es hier mit einem furchtbar vorhersehbaren Skript zu tun. Von den Liebeleien über den Shuttle-Trip bis zur Entführung und der Lektion für Ed Mercer; nichts schien wirklich aufregend zu werden.
Twist me now before you go-go
Doch passierte dann etwas, das einerseits unerwartet und andererseits eigentlich auch so klar war. Eds Freundin heißt Lt. Tyler. Klingelt da was? Nein, ernsthaft! Die Serie spielt mit uns das gleiche Spiel wie Star Trek: Discovery, nur im Zeitraffer. Eds Freundin ist in Wirklichkeit eine Krill und hat ihn die Falle gelockt. Man kann nicht anders, als MacFarlane Absicht zu unterstellen. Als würde er sagen: Wir können das auch, nur schneller, effektiver und überraschender. Ich bin ganz sicher, dass viele Fans diese Twist haben kommen sehen, mich hat das Drehbuch aber eiskalt erwischt. In dem Moment, wo die aus der Episode Krill bekannte Lehrerin Teleya den Zellentrakt betritt, hatte ich das erste Mal die Idee, dass es sich bei ihr um Janel handeln könnte, vorher jedoch nicht. Klasse gemacht, Leute - und obendrein auch noch ein wirklich witziger Seitenhieb.
Hier weckte die Episode dann auch endlich mein Interesse. Man hatte uns mit Larifari eingelullt, um dann eine vollkommen andere Richtung einzuschlagen. Sollte das Absicht gewesen sein, gilt den beiden Autoren Braga und Bormanis mein aufrichtiges Lob.
Der Rückbezug auf die erste Staffel und Eds Handlungen war dank des offenen Endes zwar bereits zu erwarten gewesen, dass es auf diese Weise geschehen würde, konnte aber dennoch überraschen. Teleya hatte infolge der Ereignisse ihr Leben auf den Kopf gestellt und war von einer Lehrerin zur Undercover-Agentin gegen die Union geworden. Aus Rachegedanken und für ihren verstorbenen Bruder wendet sie nun eine ähnliche Taktik an wie Gordon und Ed damals, nur aus vollkommen anderen Gründen. Während die Union nach einer friedlichen Lösung suchte und nur durch die außer Kontrolle geratenen Umstände ein Desaster verursachte, wollen die Krill den kriegerischen Weg gehen.
Dieser Gedanke allein rettet über das Mittelmaß hinweg. Die leider zu geringen Verbalauseinandersetzungen zwischen Ed und Teleya gehen problemlos als Gold der Episode durch; insbesondere die spätere Entscheidung, die Gefangene gehen zu lassen, ihr ein Best of von Billy Joel zu schenken und sogar eine Einladung zum erneuten Filmabend auszusprechen, lassen zwei Deutungen zu: Die erste betrifft den Egoismus von Ed Mercer. Kann er vielleicht einfach nicht akzeptieren, auf den Arm genommen worden zu sein, während er wahre Gefühle entwickelt hat? Denkbar. Es ist definitiv aber auch so, dass der gute Mann einen ungewöhnlichen und mehr als lobenswerten Weg wählt, das Verhältnis der Spezies potenziell zu verbessern. Ein Ölzweig, mehr nicht. Doch wie Ed sagt, ist Hoffnung immer das wichtigste Gut. Die abschließenden Montage der Abreise des Krill-Schiffes mit dem Joel-Song muss auch noch lobend erwähnt werden. MacFarlane leistet hier mit seinem Team Maßarbeit.
Ach ja: Leider gab es zwischen den raren Momenten der beiden Ex-Turteltauben auch noch ein paar weitere Szenen aus der Baukasten-Schmiede. Der Angriff einer bisher unbekannten Spezies, die wie Orks aussehen, die Bergwanderung, die Höhle, der Alleingang und die Rettung sind allesamt furchtbar bärtig und kaum aufregend. Somit ist die Folge in ihrer Gesamtheit ein Best-of altbekannter Ideen, das sich um einen starken Twist und einen wichtigen Kern dreht. Das Ganze in eine Wertung zu gießen ist da gar nicht so leicht, ich favorisiere aber, das Ansinnen der Autoren in den Vordergrund zu rücken.
Gordon will's wissen
Und dann war da noch etwas: Was von der Überschrift auf einen albernen Klamauk-Anteil innerhalb der ernsten A-Handlung schließen lässt, stellt in Wirklichkeit ein hübsches Portrait von Gordon und Kelly dar. Kelly durfte rund um die Bemühungen von Eds bestem Kumpel ihre empathische Mentoren-Seite zeigen und sich somit auch einmal von dem ewigen Ed/Kelly-Liebesreigen distanzieren. In der attraktiven Ex des Captains steckt ein äußerst qualifizierter und feinfühliger Offizier; schön, dass die Autoren dieser Seite hier wieder etwas mehr nachgegangen sind.
Gordon hingegen lernt, wie viel zum Kommandotraining dazugehört, scheitert zuerst an der psychologischen Begutachtung durch Dr. Finn (mit typischen Orville-Witzen) und verbockt dann den serieneigenen Kobayashi-Maru-Test. Doch gehört zum Lernen eben auch überhaupt erst einmal dazu, zu verstehen, worum es geht. An dieser Stelle war Kelly mehr als behilflich. Und auch der Konflikt aus der A-Handlung und Eds ungewöhnliche Lösung stellen eine spannende Basis für ein paar Erkenntnisse darüber dar, was zu einem Anführer alles dazugehört. Gordon weiß nun, worauf er sich einlassen würde - die Zukunft wird zeigen, ob er am Ball bleibt.
Beobachtungen
Kelly behauptet, dass Ed auf fünfzehn verschiedene Arten lächeln kann; böse Zungen behaupten derweil, dass Seth MacFarlane nicht mal zwei verschiedene Arten zu lächeln spielen kann. Ich mache natürlich nur Spaß.
Billy Joel wird mehrfach erwähnt. Sein Song „She's always a woman" veredelt den Schluss. Vorher läuft bereits „The Stranger".
Die neue Sicherheitschefin kommt nächste Woche an Bord. Tharl hat also bald ausgedient und darf seine Jogginghose mitsamt seiner Brotbox dann gerne mitnehmen.
Etwas offensichtlich, aber witzig: Eds Krill-Freundin mochte nur einen von zwanzig Filmen, die dieser ihr während der Filmnacht gezeigt hatte: „Jäger des verlorenen Schatzes“. Der Gag dabei: Sie mochte den Helden und nennt, statt wie zu erwarten gewesen wäre Indiana Jones, seinen Gegenspiele Belloq. Dieser hatte jedoch für die Nazis gearbeitet. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Die Einschaltquoten haben sich in der vierten Woche bei 3 Millionen gehalten; doch wohin führt der Weg von hier? Viel tiefer sollten sie lieber nicht mehr fallen.
Technisch betrachtet
Die Episode bietet visuell nicht allzu viel, gefällt aber dennoch mit ein paar Details. Dazu gehört die Aktion der Krill-Schiffe zur Enttarnung des Shuttles, der Planet, auf dem Ed und seine Begleiterin Zuflucht suchen und die Masken der Aliens. Dafür gibt es aber erneut ein dickes Lob an den stimmigen Score, der insbesondere die Krill-Szenen sehr atmosphärisch einfängt. Wie mir Moritz Wolfart verriet, ist das Sounddesign der Serie derart ausgefeilt, dass man sowohl erkennen kann, welche Spezies eine Waffe (und was für eine Waffe) abfeuert, als auch, ob es sich um Betäubung oder tödliche Schüsse handelt und, dass MacFarlane diesen qualitativen Level unbedingt erreichen wollte. Dadurch macht MacFarlane die Serie auch ohne visuelle Begleitung zu einer umfänglich erfreulichen Erfahrung, was höchstes Lob verdient.
Das Drehbuch schrieben erneut die beiden Trek-Veteranen Brannon Braga und Andre Bormanis. Zunächst durfte man sich ob des generischen Entführungsplots kurz die Haare raufen, dann brachte das Duo ihre Idee aber noch ganz gut nach Hause.
Die Regie von Jon Cassar, der schon für Home und im ersten Jahr bei Krill auf dem großen Stuhl gesessen hat, fiel erneut nicht groß auf.
Gib dem Kind einen Namen
Nothing Left on Earth Excepting Fishes: Manchmal ist der Titel grandios und die Folge blöd, manchmal ist es umgekehrt und ein generischer Titel schmückt ein Meisterwerk. Hier liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, der Titel ist aber definitiv clever. In jedem Fall handelt es sich um ein Zitat aus dem Song „A Puzzlement“ aus dem Musical „The King and I“. Dort heißt es: „Is a danger to be trusting one another, One will seldom want to do what other wishes, But unless someday somebody trust somebody, There'll be nothing left on earth excepting fishes.“
Fazit
Der zunächst vorhersehbare und gemütliche Ausflug wird durch die Querverbindung zur ersten Staffel noch zu einer interessanten Studie zweier gegensätzlicher Spezies sowie über die zarten Versuche einer Annäherung auf kreativ-diplomatischem Wege. Die Serie selbst wird durch Episoden wie diese mehr und mehr zum 90er-Trek-Spin-Off und verzichtet erneut sogar großflächig auf Humor, wenn man einmal von der charmanten B-Handlung um Gordon und Kelly absieht. Das ist irgendwie ganz schön erwachsen und erfreulich unterhaltsam.
Trailer zur Folge: All the World is Birthday Cake: