Last Ship: TV-Kritik der Pilotepisode
Review zu Episode 1x01
Nachdem Michael Bay („Transformers“-Filmreihe) bereits bei der Produktion von Starz' Piratenserie Black Sails seine Finger mit im Spiel hatte, hat er sich erneut dem Medium Fernsehen angenommen und als Produzent für TNTs neuestes Format The Last Ship fungiert. Die Einflüsse des - für seine oft übertriebene Inszenierung bekannten - Regisseurs sind in der Pilotepisode des Actiondramas durchaus erkennbar. Sie lassen den Zuschauer das eine oder andere Mal auch amüsiert auflachen.
Doch es ist nicht nur eine explizit comichafte Actionsequenz, die die Nerven der Zuschauerschaft hier strapaziert. Auch die Prämisse von The Last Ship selbst stellt sich als äußerst einfallslos und uninspiriert heraus. Und auch wenn die Sets hier einiges hermachen - der übertriebene Pathos sowie einige abstruse Momente ziehen das neue Drama mehr in Richtung Lächerlichkeit, als dass es wirklich überzeugen kann.
A Gracious Host
Anfangs gestaltet sich The Last Ship noch ein wenig kryptisch, doch bereits nach wenigen Minuten dürfte so gut wie jedem klar sein, wohin die Reise mit diesem Kahn wohl gehen wird. Der plötzliche Ausbruch eines tödlichen Virus in Ägypten hat die Krankheitsforscher dieser Welt alarmiert. Prompt wird für Forschungszwecke ein Schlachtschiff der US Navy gen Arktis entsandt. Dort soll man sich mit einigen Manövern die Zeit vertreiben, während im Geheimen ein zweiköpfiges Forscherteam auf der Suche nach Antworten und einem Heilmittel in der arktischen Tundra rumstochert.
Nachdem die Besatzung des Kreuzers und die beiden Forscher jedoch attackiert und der Angriff gerade noch so abgewehrt werden kann, fordert der Kapitän von der führenden Forscherin eine triftige Erklärung, was hier eigentlich vorgeht. Wie sich herausstellt, ist aus dem Virus eine globale Pandemie geworden, die einen Großteil der Menschheit dahingerafft hat. Die U.S.S. Nathan James und ihre tapferen Männer und Frauen um Captain Tom Chandler (Eric Dane) sind nun die letzte Hoffnung für die Menschheit, ein Heilmittel gegen diese Krankheit zu finden.
Phase Six
Offensichtlich sind Geschichten über verheerende Pandemien in den Medien Film und Fernsehen in den letzten paar Jahren äußerst beliebt geworden, was wohl unter anderem daran liegt, dass sie relativ einfach zu konzipieren sind. So werden hier in The Last Ship gleich einige Parallelen zum aktuellsten Beispiel aus diesem Genre deutlich, Syfys Helix. Letzteres gestaltete sich jedoch dank seines Settings in einer abgelegenen Forschungsstation zu Beginn wesentlich spannender als der Auftakt der TNT-Serie.
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Ähnlich wie bei Helix ist auch der grundsätzliche Aufbau von The Last Ship sehr einfach gehalten. Das Attribut „einfach“ ließe sich dabei auch mit „unoriginell“, wenn nicht sogar „langweilig“ ersetzen, denn eine solche Prämisse und alle ihre Facetten haben wir bereits tausendmal zuvor gesehen - ob nun im Kinosaal oder in Form einer TV-Serie.
An einer eher uninspirierten Prämisse wäre ja alleine dennoch nicht so viel auszusetzen, wenn man denn zeitgleich seine Geschichte interessant und spannend erzählen kann. Doch hier tun sich schon die nächsten Probleme in The Last Ship auf. Wirklich mitreißend sind die ersten 45 Minuten des neuen TNT-Formats nämlich nicht. So geben sich einige öde Stereotypen die Ehre an Bord der Nathan James. Und während besagtes „Last Ship“ über den Atlantik tuckert, verspürt man das eine oder andere Mal ein Gefühl blanker Langeweile.
World of Sick People
Dem versuchen die Macher wiederum mit zwei Mitteln entgegenzuwirken. Eines dieser Mittel ist die einzige actionenreiche Sequenz der gesamten Pilotfolge, der man wiederum mehr als nur Spuren eines Michael Bays anmerkt. Natürlich werden die Forscher in der Arktis von vermummten Russen angegriffen, die mit einer Handvoll Helikoptern zum Angriff blasen. Und natürlich gelingt es der entschlossenen Crew des amerikanischen Schlachtschiffs, diesen Feind ohne eigene Verluste komplett auszuschalten.
Dieses offensichtliche Sahnestück fürs Auge könnte lächerlicher nicht sein. Obwohl: Hier und da hätte man vielleicht noch einen Wilhelmsschrei einfügen können, um die billige Natur dieser Szene noch deutlicher zu machen. Neben schießwütigen Russen, deren Zielvermögen gen Null geht, fühlt man sich darüber hinaus an einen Werbefilm der US Navy erinnert, in dem uns die wuchtigen Schießgeräte Amerikas präsentiert werden sollen.
Hier wird schlichtweg viel zu dick aufgetragen und eben jener Pathos bedient, der sich auch wie ein roter Faden durch die Auftaktepisode von The Last Ship zieht. Dabei kann man jedoch auch lobend erwähnen, dass zumindest die Ausstattung des Actiondramas einiges hermacht. Gleiches gilt für den Großteil der Spezialeffekte, von denen nur wenige eher negativ auffallen.
News from Home
Das zweite Mittel, mit dem die Serienmacher den Kahn etwas in Fahrt bringen wollen, ist zweifellos Hauptdarsteller Eric Dane (Grey's Anatomy, Charmed). Mit diesem ist im Vorfeld eine namhafte Verpflichtung gelungen und die Macher verlassen sich offensichtlich stark auf ihr schauspielerisches Zugpferd. Ohne Frage gelingt es auch Dane, seinen stoischen Navy-Captain ordentlich zu porträtieren. Er verleiht der Darstellung Gewicht, indem er immer wieder emotionale Ansprachen von sich gibt.
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Doch so solide wie Dane seinen Text von sich gibt, so schwach und platt sind die ihm bereitgestellten Dialoge. Nicht nur, dass diese vor Pathos nur so triefen. Nein, hier folgt auch noch ein abgedroschener Einzeiler dem nächsten. Zu oft fühlt sich The Last Ship nach purem Heldentum an. Zu oft erwischt man sich beim Rollen mit den Augen, wenn das nächste schwülstige Musikstück abgefahren oder uns ein furchtbarer Flashback serviert wird.
Die restliche Besetzung vermag es nicht wirklich, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Schnell erkennt man als erfahrener TV-Zuschauer altbekannte Muster und ausgelutschte Charaktertypen. Wo sind die kreativen Einfälle, die Mitglieder der Besetzung weniger eindimensional und langweilig zu skizzieren? Einige subtile Nuancen hätten viel mehr geholfen, als zum Beispiel ein anscheinend lesbisches Crewmitglied in einem Nebensatz ihre sexuelle Ausrichtung und ihre Paris-Reisepläne mit ihrer Freundin kundtun zu lassen. Es sind kleine Augenblicke wie diese, die deutlich machen, dass das Drehbuch von The Last Ship unausgegoren und auch die Einführung von Figuren viel zu simpel gehalten sind.
More Than That
Zu allem Überfluss muss man sich auch noch mit zahlreichen Logikfehlern und anderen fragwürdigen Elementen herumärgern. Ob nun die beiden Forscher, die bei den unangenehmsten Tiefsttemperaturen in der Arktis ohne Gesichtsschutz arbeiten, die Videobotschaft an Captain Chandler, die dank der guten Verbindungen seines Vaters zum Pentagon möglich ist oder Chandlers heldenhafter Einsatz, das Schlachtschiff wieder in Gang zu bringen. Letzteres passiert, indem er mit seiner Hand ein entscheidendes Maschinenteil festhält und einen elektrischen Schlag in Kauf nimmt. In The Last Ship lassen sich einige äußerst seltsame und lachhafte Momente finden, die jedweder Logik entbehren.
Ein Kreuzschiff voller toter Menschen, die Opfer des schrecklichen Virus wurden, steht examplarisch für die Zweckmäßigkeit vieler Aspekte dieser Auftaktepisode, braucht die U.S.S. Nathan James doch Treibstoff und Nahrung für ihre Crew. Ein tollpatschiger Soldat, der sich mit dem Virus infiziert, markiert dann den komischen Höhepunkt, doch glücklicherweise richtet er sich in weiser Voraussicht selbst hin, als wieder mit auf das Schlachtschiff genommen zu werden.
Das alles lässt einen ziemlich kalt und, als hätte man es nicht schon geahnt, entpuppt sich am Ende der schweigsame Kollege der überdramatischen Dr. Rachel Scott (Rhona Mitra) als geheimer Spion der Russen. Interessanter könnte es in The Last Ship spätestens dann werden, wenn der Virus sich auch an Bord des Kriegsschiffes einschleicht, auch wenn es vorhersehbarer nicht sein könnte. Bis dahin wird sicherlich noch einmal die russische Splittergruppe auf den Plan treten, die allem Anschein nach hinter dem Heilmittel her ist. Ganz zu schweigen von einer kleinen Liebesgeschichte an Bord der Nathan James, die bereits hier frühzeitig angedeutet wird.
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Fazit
Zweifellos wird The Last Ship mit seinem sehr einfachen Unterhaltungswert einige Zuschauer generieren können. Diese dürfen jedoch in der Pilotepisode zum TNT-Actiondrama nicht zu viele sinnige und originelle Einfälle erwarten. Vielmehr kann man sich von der schwammigen Geschichte mit plattem Drehbuch berieseln lassen. Jedoch wird man teilweise hart auf die Probe gestellt, denn viele Szenen in der Auftaktepisode von „The Last Ship“ sind dermaßen unbefriedigend, dass ihnen selbst ein charmanter Trashfaktor abhanden geht.
Dabei scheint rein äußerlich vieles gegeben zu sein, um eine interessante Geschichte in zu erzählen. Sicherlich bleibt ein Großteil der Besatzung blass, doch Eric Dane deutet durchaus an, dass er dieses Ensemble führen kann. Gleichzeitig können auch die Sets und computergenerieten Effekte im Großen und Ganzen überzeugen. Problematisch wird es jedoch vor allem angesichts der musikalischen Untermalung, mit der wiederum viel zu dick aufgetragen wird.
Das große Manko von The Last Ship ist das Drehbuch. Diesem fehlt es nicht nur an Originalität und Kreativität, es schleichen sich darüber hinaus auch zu viele seltsam anmutende Entscheidungen und unsinnige Fehler ein. Wenn man hier ordentlich nachbessern und uns weniger vorhersehbaren Einheitsbrei präsentieren kann, hat „The Last Ship“ sicherlich das Potential, als ordentliche Guilty-Pleasure-Serie durchzugehen. Dafür fehlt dem Ganzen zwar zusätzlich noch ein wenig die Leichtigkeit, aber was nicht ist, kann ja noch werden.