Glauben: Review der Pilotepisode der RTL+-Serie
Glauben: Review der Pilotepisode der RTL+-Serie
Kritik der Episode 1x01
Heute wird aus TVNOW RTL+. Zum großen Relaunch beglücken die Fernseh-Macher uns unter anderem mit einer neuen Serie von Ferdinand von Schirach. Dieses Mal gibt es kein Wiedersehen mit Moritz Bleibtreu, dafür übernimmt der charmant-sarkastische Peter Kurth die Rolle des strauchelnden Anwalts, der trotz Genie-Gen einfach nicht auf den grünen Zweig findet...
Worum geht es in der Serie Glauben?
Für den Anwalt Schlesinger läuft es gerade nicht so besonders gut. In seinem vermüllten Büro, was auch seine Wohnung ist, lebt er in den Tag hinein, züchtet sich ein immer größeres Alkoholproblem heran und hat außerdem horrende Schulden bei der chinesischen Mafia. Um sich selbst zu foltern und an Geld zu kommen, lässt er sich trotz seines guten Rufs und seiner jahrelangen Erfahrung in die Liste der Anwälte eintragen, die auch nachts als Pflichtverteidiger bereitstehen. So kommt er an den Fall der bürgerlichen Ehefrau, die beschuldigt wird, ihren Mann aus Habgier erschossen zu haben - ganz klassisch wegen der kürzlich zuvor abgeschlossenen Lebensversicherung. Die beteuert Schlesinger gegenüber jedoch, unschuldig zu sein, was den Anwalt wiederum natürlich wenig beeindruckt.Die wahren Probleme lauern für den Anwalt ohnehin vor der eigenen Tür. Dort begrüßt ihn eine alte Bekannte namens Azra (Narges Rashidi), die Frau fürs Grobe der chinesischen Mafia. Sie schlägt den Anwalt im Treppenhaus nieder, macht ein Beweisfoto für die Auftraggeber und hievt ihn anschließend auf sein Sofa, wo sie ihm eine Schmerztablette zubereitet. Denn die beiden mögen sich - jenseits aller Verstrickungen sind Azra und ihr ehemaliger Anwalt Freunde.
Kurz darauf versetzt er seine Uhr und bringt den Chinesen das geforderte Geld. Es scheint eine neue Zeitrechnung anzubrechen. Schlesinger räumt seine Kanzlei auf und zieht auf den Rat des Richters, eines alten Weggefährten, in eine Tierhandlung, um sich einen Hund zu holen. Dort muss er auf einen Goldfisch umsatteln. Doch den Ton haben wir verstanden.
Nun verrät uns in der Pilotepisode lediglich eine aus dem Zusammenhang gerissene Szene am Anfang, worum es eigentlich gehen wird. Denn der Fall der beschuldigten Ehefrau ist schnell aus dem Weg geräumt. Die Serie „Glauben“ erzählt vielmehr die Geschichte einer Hexenjagd. Angelehnt an den Justizskandal der Wormser Prozesse begleiten wir Schlesinger durch einen traumatischen Fall von mutmaßlichem Kindesmissbrauch im großen Stil. Doch ob alle, die es gut mit den Kindern meinen, es auch gut machen oder ob die eigene Agenda einem manchmal die klare Sicht zu sehr verstellt, das müssen wir im Laufe der ersten Staffel herausfinden.
Wie kommt es rüber?
Wer die anderen Serien von Ferdinand von Schirach kennt, dem kommt zumindest der Grundton der neuen RTL+-Produktion bekannt vor. Der eher stille, aber keineswegs zu unterschätzende Anwalt geht durch dramatische Fälle und findet immer wieder einen Blickwinkel, der den anderen entgeht. In „Glauben“ nun steht der Anwalt selbst und sein Privatleben mehr im Mittelpunkt, als man es von den anderen Serien gewohnt ist. Der unterhaltsamste Punkt der Story ist sein Schwanken zwischen Zynismus und Ideologie sowie die seltsam-absurde Freundschaft zu Azra, die ihn auch in den Fall des Kindesmissbrauchs zieht.
Der Erzählton ist langsam, die Bilder oft trist bis düster. Die Geschichte bannt sich ihren Weg durch tragikomische Szenen, absurd-lustige Unterhaltungen am Rande der Story und vor allem einen realistischen Blick auf die Hexenjagd, die sich maßgeblich durch das Internet entspinnt.
Die Stärken der Schirach-Serien sind allgegenwärtig, wenn auch teilweise in abgeschwächter Form. Was jedoch durch die persönliche Story des Anwalts dazukommt, ist ein Actionelement, welches die durchaus langsame Erzählweise angenehm auflockert und gut unterhalten kann.
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