Die beiden bisherigen „Vermächtnis“-Filme aka „National Treasure“ passen perfekt zur Gaga-Persönlichkeit von Nicolas Cage, der dort von Diane Kruger, Justin Batha, Jon Voight und Harvey Keitel unterstützt wurde. Deutlich abstruser als andere cinematische Abenteuer und Grabräuber wie „Indiana Jones“ oder „Tomb Raider“ kommen die Streifen daher und manchmal wirken sie fast schon wie „Die Mumie“ mit Brendan Fraser, wenn es darum geht, wie die Protagonisten auf die Hinweise und Indizien zu den Rätseln kommen.
All dem bleibt auch die Serienfassung National Treasure treu, was man als Fan der Reihe aber begrüßen dürfte. Nicht fehlen darf natürlich auch die eine oder andere Modernisierung beim Inhalt: Die Hauptfigur ist nun eine Frau mit Migrationshintergrund und DACA-Status, eine sogenannte Dreamerin, die, wenn sie arbeitet, zwar in den USA geduldet wird, aber leider auch oft im Visier von Bundesbehörden wie der ICE steht. Das betont die Serie in der Pilotfolge „Der Geist“ irgendwie auch merkwürdig oft. Ich behaupte einfach mal: zu oft.
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Darum geht es in Das Vermächtnis von Montezuma
In National Treasure spielt die mexikanisch-amerikanische Schauspielerin Lisette Alexis („Total Eclipse“, „We Need to Do Something“) Jess, eine brillante Latina mit einer Liebe für Mysterien und einem Talent für Puzzles. Sie arbeitet bei einem Storageanbieter. Zudem ist sie ein Kind von Einwanderern (DREAMer) und möchte die Wahrheit über ihre Eltern sowie deren Vergangenheit erfahren, die entweder nie Teil ihres Lebens waren oder kürzlich verschieden sind. Gleichzeitig versucht Jess, einen bereits lange Zeit verloren geglaubten, panamerikanischen Schatz ausfindig zu machen, zu dem ihre Familie eine Verbindung zu haben scheint...
Mit dabei sind außerdem Catherine Zeta-Jones (Queen America) als Milliardärin (und Overacting-Queen) Billie, die auch hinter dem Schatz her ist und für gewöhnlich bekommt, was sie will, Zuri Reed (Flatbush Misdemeanors) als Jess' beste Freundin Tasha, Jordan Rodrigues (The Fosters) als Kindheitsfreund und love interest Ethan und Antonio Cipriano (City on a Hill) als egozentrischer Verschwörungstheorien-Nerd Oren, der Ex von Tasha.
Jake Austin Walker (Stargirl) als erfolgloser Musiker Liam, dessen Familie viel Erfahrung mit Schatzsuchen hat und Lyndon Smith (Parenthood) als FBI-Agent Ross, der ebenfalls Teil des Abenteuers ist.
Das Drehbuch stammt von Marianne und Cormac Wibberley, die schon bei den „National-Treasure“-Filmen federführend waren.
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Zufälle gibt's!
In National Treasure steht der Spaß an abstrusen Rätseln, Verschwörungstheorien, vergessenen Kulturen und Schätzen an erster Stelle. So darf die Figur von Harvey Keitel auch ein kurzes expositorisches Comeback feiern und ein wenig den Erklärbär spielen.
Insgesamt geht es mit einem Flashback los, welcher den Ton festlegt. Der Vater von Jess bricht als Nonne verkleidet in einer Kirche ein, um einen Hinweis auf einen lange gesuchten Schatz zu finden, doch damit hintergeht er den Schurken Salazar, der wie ein Bond-villain immer wieder erwähnt und am Ende der Folge sogar gezeigt wird...
Mit den Erwartungen wird ebenfalls gespielt, denn 21 Jahre später und nach dem vermeintlichen Tod des Vaters, den Jess nie kannte, sehen wir sie und ihre Freunde in orangenen Overalls, was uns glauben lassen soll, dass sie hinter schwedischen Gardinen sitzen, doch die Wahrheit ist, es ist ein Escape Room im Gefängnisdesign, der uns die einzigartige Kombinationsgabe der Protagonistin zeigt, die fast wie ein Rätsel-Rainman oder Nicolas Cage in den Filmen überall codierte Rätsel und deren Lösungen sieht. Doch genau das ist der merkwürdige Charme, den man sehen will, wenn man „National Treasure“ liest.
Eine gewisse Zuschauergruppe wird die Serie wahrscheinlich wieder wegen der zur Schau gestellten Diversität ablehnen. Und ja, in diesem Fall ist es relativ auffällig, wie kalkuliert die Zusammensetzen des Casts ausgewählt wurde und auch der DREAMER-Status der Figur wird wirklich, wirklich, wirklich oft angesprochen, selbst wenn man es vielleicht in gewissen Situationen (etwa im Zusammenspiel mit Behörden) nicht tun sollte. Jesse als Figur ist außerdem auf der einen Seite grenzgenial, auf der anderen aber auch ultranaiv. Da fehlt im Auftakt, der bekanntlich Lust auf die Serie machen soll, die richtige Balance.
Insgesamt ist das Ganze also mehr Young-Adult-Show und Nancy Drew, The Hardy Boys und „Die Goonies“ als beispielsweise „Die Schatzinsel“, „Indiana Jones“, Leverage, „Auf der Suche nach dem grünen Diamanten“ oder „Uncharted“ (gemeint sind hier eher die Games als der Film).
Überall Freimaurer!
Es ist eine Serie, bei der man über eine einfache Suchmaschinenabfrage 20.000 Personen mit Freimaurerhintergrund in Louisiana ausmacht oder Zahlencodes knackt, indem man Wandmalereien einfach lange genug anstarrt, bis der mind palace anspringt und die Lösung ausspuckt, jemand ein willkürliches Stichwort sagt, was dann den Groschen fallen lässt, oder aber geheime Freimaurer-Handschläge Zugang zu Villen verschaffen... Clever und subtil ist anders, aber das ist eben auch nie der Anspruch der Sache.
Für eine Disney-Produktion gibt es diesmal sogar mehr düstere Momente, als man denken könnte, allein schon in den ersten Minuten. Doch insgesamt sind sie eben als solche zu erkennen, weswegen der Ton öfter locker-leicht ist und auch an andere Relaunches, Reboots oder Fortsetzungen des Maushaus-Streamers angelehnt ist, wie eben The Mighty Ducks: Game Changers, Willow, Doogie Kamealoha, M.D. und Turner & Hooch. Alle kommen oftmals mit jungen, hippen, attraktiven Protagonisten für ein modernes, ebenfalls junges Publikum daher, das nicht unbedingt die Originale kennt, weil diese teilweise schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel haben.
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Fazit
„Das Vermächtnis von Montezuma“ aka National Treasure ist vor allem etwas für Fans des vorherigen Filmfranchises, das ebenfalls bald einen dritten Teil erhalten soll und solchen Menschen, die offen sind für Young-Adult-Modernisierungen bekannter Marken aus dem Disney-Portfolio. Eine ernst gemeinte Abenteuer- oder Entdeckerserie sieht anders aus. Aber auch vorher gab es schon einige Serien, wie zum Beispiel „Relic Hunter“, Leverage: Redemption, Blood and Treasure oder vielleicht auch Legend of the Seeker, die sich selbst nicht immer bierernst nahmen und ebenfalls mehr oder weniger dem jeweiligen Zeitgeist nachjagten.
Wer wirklich hanebüchene Kausalketten für Rätselauflösungen liebt, hat bei der neuen Disney+-Serie jedenfalls seine helle Freude.
Ich gebe nett gemeinte drei von fünf rästelhaften antiken Halsketten.
Hier der aktuelle Originaltrailer zur Serie „National Treasure“, die nun beim Streamingdienst Disney+ verfügbar ist: