Seit dem 8. Januar 2021 kann man die ersten fünf Folgen der französischen Netflix-Serie Lupin anschauen. Anders als der Name es suggeriert, geht es nicht direkt um den Meisterdieb aus der Literatur, sondern eine Figur, die durch die Bücher inspririert wird und einer reichen Familie Rache schwört. Im Zentrum steht Assane Diop (Omar Sy, „Ziemlich beste Freunde“), dem sein Vater Babakar (Fargass Assande) vor 25 Jahren eine alte Romanausgabe von „Lupin“ geschenkt hat. Kurz darauf wird sein Papa eines Verbrechens beschuldigt, das er nicht begangen hat. Wenig später findet man ihn erhangen in seiner Gefängniszelle vor und Assane ist am Boden zerstört. Ab da stellt er sein Leben um und ahmt dem literarischen Vorbild nach. Unterstützt wird er von einem reichen Gönner, dessen wahre Identität er erst Jahr später erfährt.
Nebenbei muss er sich ab und zu um seinen Sohn Raoul (Etan Simon) kümmern, den er mit dem „Lupin“-Fieber ansteckt und somit sogar vom Videospielen abhält. Gefühle für die Exfrau Claire (Ludivine Sagnier) sind offenbar auch noch im Spiel, auch wenn er damit zunächst nicht rausrückt. Doch in Gesprächen mit dem Sohnemann spürt man sein Interesse auf jeden Fall.
Hatte ich in dem Pilot-Review noch die Hoffnung, dass das Ganze eher als Procedural erzählt wird, nimmt der Racheplot doch einen Großteil der Handlung ein und wir haben es mit einem typischen Serial zu tun, wobei sich Assane vor allem einem Aspekt oder Beteiligten der Verschwörung seines Vaters widmet. Das ist im Endeffekt gar nicht so schlimm. Außerdem bleibt festzuhalten, dass Omar Sy für mich ein absoluter Einschaltgrund bleibt und eine Charismabombe ist. Mit ihm und durch ihn entfaltet die Serie erst einen Großteil ihrer Strahlkraft.
Die Art der Serie an sich ist nicht herausragend clever oder besonders, stellenweise ist sie sogar sehr simpel. Mit scheinbar einfachsten Mitteln aus der Taschenspielerkiste oder mit Verkleidungen, die nicht unbedingt besser sind als bei „Undercover Boss“, kann Assane seine Verfolger, darunter die recht inkompetente Polizei aus Paris, überrumpeln. Einzig ein Beamter wittert einen Zusammenhang zwischen seinen Taten und „Lupin“ und wird dafür von den Kollegen aufgezogen. In der bisher letzten veröffentlichten Folge könnte sich dies jedoch ändern. Auch wenn ich mich über die Kostüme etwas lustig mache, ist es spannend zu sehen, in welche Richtung sich Assane verkleidet und welche Rollen er dabei annimmt. Denn oft sind es soziale Sprünge, die er dabei ausführt, ob nun als ITler, reicher Geschäftsmann oder beispielsweise als Whistleblower im Internet. Oft ist er seinen Gegnern einen Schritt voraus, aber manchmal kann es doch dazu kommen, dass etwas Unerwartetes passiert, was ihn dann besonders mitnimmt.
Das französische Format hat seinen Charme, ist nur bei weitem nicht so clever, wie die Autoren es einem gerne verkaufen wollen. Die Dialoge sind sehr landestypisch gehalten und für manchen vielleicht manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber immerhin nicht so theatralisch wie in manch deutscher Produktion.
Die Folgen, die zwischen 40 und 60 Minuten dauern, sind kurzweilig und abwechslungsreich genug, dass ich mir immer mal wieder eine oder zwei pro Abend anschauen konnte, um zu wissen, wie es weitergeht. Die Nebendarsteller - abseits von der Familie und den Freunden - sind nicht immer die stärksten und der spektakulärste Heist ereignet sich auch schon in der erste Folge Kapitel 1, aber irgendwie hatte die Serie doch einen netten Sog, der mich hat dranbleiben lassen.
Ist Assane so charmant wie Neal Caffrey (Matt Bomer) aus White Collar? Wird man mit regelmäßigen Heists wie in Leverage unterhalten? Beide Fragen muss ich wohl verneinen, aber bis das „Leverage“-Revival auf Sendung geht, kann man sich die Zeit sicherlich mit rund fünf Stunden „Lupin“ vertreiben und dabei noch ein paar Eindrücke von Paris mitnehmen.
Beliebt scheint der Heist-Krimi zu sein, wenn man sich die Prognosen von Netflix anschaut. Eine zweite Fuhre mit fünf Folgen für den späteren Jahresverlauf ist bereits angekündigt und weitere Nachbestellungen dürften wohl nur eine Frage der Zeit sein, wenn Sy denn zeitlich dafür zur Verfügung steht.
Hier noch der Trailer zum aktuellen Netflix-Hit „Lupin“: