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The Night Of - Die Wahrheit einer Nacht 1x08

The Night Of - Die Wahrheit einer Nacht 1x08

Episode Staffel 1, Episode 8
(The Night Of - Die Wahrheit einer Nacht 1x08)
Deutscher Titel der Episode Der Ruf der Wildnis
Titel der Episode im Original The Call of the Wild
Erstausstrahlung der Episode in den USA Sonntag, 28. August 2016 (HBO)
Erstausstrahlung der Episode in Deutschland Donnerstag, 17. November 2016
Regisseur Steven Zaillian

Auf dem Höhepunkt des Verfahrens gegen Naz (Riz Ahmed) rückt dessen Strafverteidiger Jack Stone (John Turturro) wegen einer Kontroverse ins Rampenlicht. Weil herauskommt, dass sich Chandra (Amara Karan) und Naz geküsst haben, muss er nun das Abschlussplädoyer halten.

Der pensionierte Mordermittler Dennis Box (Bill Camp) geht derweil einer möglichen Alternativtheorie nach, was Staatsanwältin Helen Weiss (Jeannie Berlin) jedoch kalt lässt.

Vor seinem großen Auftritt wird John schließlich von einem alten Problem heimgesucht.

Über die Auftaktepisode der HBO-Miniserie The Night Of hatte ich noch geschrieben, dass sie uns ein klassisches whodunit anküdige. Daraus ist im Verlaufe der acht Episoden sehr viel mehr geworden - bis zu einem Finale, das mit seinem uneindeutigen Abschluss ebendiese Mehrbödigkeit reflektiert. Manchen Zuschauer mag das ambivalente Ende verärgert zurücklassen, mir jedoch hat diese Form von Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Justiz- und Strafvollzugssystem ausgesprochen gut gefallen.

Don't kill him

Wunderbar haben Richard Price und Steven Zaillian in den vergangenen Wochen herausgearbeitet, wie kompliziert die Suche nach Wahrheit in einem Mordfall ist. Zugegebenermaßen haben sie sich dafür einen Fall zurechtgelegt, der dank drogeninduzierter Gedächtnislücken und anderer Einflüsse zusätzliche Ebenen der Verwirrung enthält. Insgesamt ist aber eine gute Abbildung über den bisweilen erschreckend dichten Nebel entstanden, in dem Juristen und Polizisten herumstochern müssen, um zu etwas zu gelangen, das mit der Wahrheit möglicherweise gar nichts zu tun hat.

Naz (Riz Ahmed) kommt wegen mehrerer Faktoren frei. Zum einen wäre da natürlich die Unfähigkeit der Jury anzuführen, zu einem Urteil zu gelangen. Das wiederum ist auf die Arbeit von Chandra (Amara Karan) und John Stone (John Turturro) zurückzuführen, die es geschafft haben, ausreichende begründete Zweifel und etwaige Alternativtäter vorzuführen, um Naz als einzigen eindeutig herausstellbaren Mörder aus der Schussbahn zu nehmen. Dabei hatte Chandra Anklägerin Helen Weiss (Jeannie Berlin) mit der Berufung des Angeklagten in den Zeugenstand noch eine Steilvorlage geliefert.

Weiss fährt dann auch ihre gesamte berufliche Erfahrung auf, um Naz ein Geständnis zu entlocken. Das gelingt ihr nicht, weil er wirklich nicht weiß, was in besagter Nacht passiert ist, allerdings gibt er nach der intensiven, emotionalen Befragung - vielleicht die beste Szene der Finalepisode - zu, dass er nicht wisse, ob er Andrea (Sofia Black-D'Elia) ermordet habe. Das ist eine wichtige neue Erkenntnis, hatte er doch zuvor stets darauf bestanden, zu einer solchen Tat niemals fähig sein zu können. Stone glaubt hernach schon an eine Niederlage, die er Chandra anlastet.

Auch am Ende von %26bdquo;The Night Of%26ldquo; bleibt der Mord an Andrea (Sofia Black-D%26#039;Elia) ungeklärt. © HBO
Auch am Ende von %26bdquo;The Night Of%26ldquo; bleibt der Mord an Andrea (Sofia Black-D%26#039;Elia) ungeklärt. © HBO

Wenn ich einen zentralen Kritikpunkt an The Night Of äußern müsste, dann wäre es der Umgang der Kreativen mit ihrer Figur. Wieviel sie für die aufstrebende, talentierte Chandra übrig haben, zeigt sich schon daran, dass sie ihr keinen Nachnamen gönnen (wie es zum Beispiel auch bei der FBI-Analytikerin Paterson aus The Blacklist der Fall ist - warum?). Überdies existiert seitens Price und Zaillian ganz offensichtlich eine große Skepsis gegenüber den Nachwuchskräften in Polizei und Justiz.

Like I killed her

Chandra ist dabei das herausstechende negative Beispiel. Sie muss den größten dramaturgischen Fehlgriff des Produktionsteams auf den Schultern tragen, als sie offenbart, in Naz verliebt zu sein, weil es in Film und Fernsehen scheinbar keine junge Frau geben darf, die gut in ihrem Job ist und sich nicht in einen Kollegen, einen Klienten oder sonstwen verguckt. Mit großer Spannung erwartete ich, wie dieser Handlungsbogen in dieser Episode aufgelöst werden würde, und mit ebenso großer Enttäuschung nahm ich zur Kenntnis, dass er zu einem reinen Plotelement verkommt.

Der Kuss war also nur dazu da, Chandra aus dem Rampenlicht des Abschlussplädoyers zu nehmen und John in ebenjenes zu stoßen. Hiermit soll der ausgreifenden Beobachtung seiner Allergie- und Hautprobleme wohl retrograd dramaturgische Relevanz zugeschrieben werden, was zwar funktioniert, jedoch die Dekonstruktion von Chandras Charakter kostet. Vielleicht sollte sie ja auch auf die Worte hören, die John dem entlassenen Naz mit auf die kommende, unbestimmte Reise gibt: „Everyone's got a cross to bear. Fuck 'em all. Live your life.

Besonders viel helfen wird ihr das wohl nicht - ebensowenig wie Naz, der tatsächlich vor einem Scherbenhaufen steht. Inwieweit er sich das selbst zuzuschreiben hat, illustriert Helen Weiss in ihrer mitreißenden Zeugenbefragung. Sie hat mit allen ihren Punkten Recht. Naz ist nicht das unschuldige Lamm, als das er von der Verteidigung gezeichnet wurde. Er hat eine Vorgeschichte der Gewalt und auch eine der Unehrlichkeit. Und auch wenn er den Mord nicht begangen hat, so zeigt sein Aufenthalt in Rikers doch ganz deutlich, dass er zu einer solchen Tat fähig ist.

Naz (Riz Ahmed) macht im Gefängnis eine furchteinflößende Entwicklung durch. © HBO
Naz (Riz Ahmed) macht im Gefängnis eine furchteinflößende Entwicklung durch. © HBO

Oder ist es doch das Gefängnis, das aus ihm den abgehärteten Typen gemacht hat, der er jetzt ist? Ungeachtet der Beantwortung dieser Frage macht The Night Of deutlich, dass es absolut niemand Unschuldigem zu wünschen ist, auch nur eine Nacht an diesem Ort verbringen zu müssen, der doch eigentlich die Reintegration und Resozialisierung Straffälliger vorantreiben soll. Was dort jedoch passiert, ist das genaue Gegenteil - wer dort landet, der wird kriminell, sollte er es zuvor auch noch nicht gewesen sein.

You smell like innocence

Naz wird von der Mordanklage freigesprochen, dabei haben diejenigen, die über ihn richten, keinen blassen Schimmer, dass er sich im Gefängnis zwischenzeitlich der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht hat. Wäre es also furchtbar schlimm gewesen, wäre er - möglicherweise für die falsche Tat - schuldiggesprochen worden? Natürlich wäre es das - unter anderem, weil der wahre Täter dann niemals geschnappt werden könnte. So besinnt sich Helen Weiss, die bis zur Verkündung des Jury-Stillstands noch von Naz' Schuld überzeugt war, eines Besseren.

Sie ist weitsichtig und ehrgeizig genug, dem ebenso ehrgeizigen Ermittler Box (Bill Camp) einen Gefallen zu tun und ihn aus der Rente zu holen, in der er nichts mit sich anzufangen wusste. Hier scheint erneut das Urteil des Kreativteams durch, wonach erfahrene Veteranen einen besseren Job machen als ihre Nachfolger. Ungeachtet dieser Jugendskepsis würde ich mir eine weitere Staffel von The Night Of mit Camp und Berlin in den Hauptrollen unter keinen Umständen entgehen lassen.

Ihnen würde wohl bald John wieder über den Weg laufen, der seinen großen und wahrlich gelungenen Auftritt beim Abschlussplädoyer nicht nutzt, um einen Karrieresprung zu wagen, sondern sich wieder in seiner alten Routine einfindet. Seine Hautprobleme sind ebenfalls zurückgekehrt, was ihm wohl eine nicht ganz unwillkommene Ausrede liefert, in seiner Nische bleiben zu müssen. Auch Naz dürfte bald wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommen, nachdem er sich im Gefängnis nicht nur eine unbarmherzige Attitüde, sondern auch ein Drogenproblem angeeignet hat.

Der Ausgang seines Handlungsbogens ist der tragischste und gleichzeitig bewegendste von allen. In seiner Nachbarschaft ist er nicht mehr willkommen, alte Freunde wenden sich von ihm ab, sogar seine Mutter kann den Zweifel über seine Täterschaft nicht überwinden. Er war nie der zarte Junge, als den wir ihn kennenlernten - als er aber an der Stelle sitzt, an der er in besagter Nacht schon mit Andrea saß, und sie ihm erscheint, da umgibt ihn wieder die Aura des Harmlosen. Oder etwa doch nicht? Die Faszination an dieser Serie liegt in ihrer omnipräsenten Unsicherheit.

The Night Of - Die Wahrheit einer Nacht 1x08 Trailer

Schauspieler in der Episode The Night Of - Die Wahrheit einer Nacht 1x08

Darsteller   Rolle
John Turturro …………… John Stone
Riz Ahmed …………… Nasir 'Naz' Khan
Michael K. Williams …………… Freddy Knight
Bill Camp …………… Dennis Box
Jeannie Berlin …………… Helen Weiss
Amara Karan …………… Chandra Kapoor
Peyman Moaadi …………… Salim Khan
Poorna Jagannathan …………… Safar Khan
Glenne Headly …………… Alison Crowe
Paul Sparks …………… Don Taylor
Sofia Black-D'Elia …………… Andrea Cornish
Glenn Fleshler …………… Judge Roth
Paulo Costanzo …………… Ray Halle
Don Harvey …………… Detective Tomalikis
Joseph Badalucco Jr. …………… Detective
J. D. Williams …………… Trevor Williams
Charlie Hudson III …………… Duane Reade
Esau Pritchett …………… Mr. Day
Jay Ward …………… Trial Bailiff
Michael J. Burg …………… Bar Owner
Robert C. Kirk …………… John O'Hara
Bryan Burton …………… Shelter Volunteer
Charles Brice …………… Terry
Lord Jamar …………… Tino
Donnetta Lavinia Grays …………… Nurse
Michael Braun …………… Dr. Nelson
Fisher Stevens …………… Saul the Pharmacist
Roscoe Orman …………… Jury Foreman
Chris McKinney …………… Rikers Head CO
Syam M. Lafi …………… Hasan Khan
Ariya Ghahramani …………… Amir Farik
Brooke Alexandra …………… Correctional Officer
Reginald L. Barnes …………… Snake-Freddy's Crew #1
Kristoffe Brodeur …………… Police Officer
Xavier Cadeau …………… X
David Chen …………… Inmate
Coffey …………… Freddy's Crew Member
Christofer Jirau …………… Tattooed Inmate
Pedro Marcelino …………… Passerby
Damany Mathis …………… Blood Inmate
Jesus Padilla …………… Inmate
Shaun Rey …………… Latin King Inmate
Cruz Rodriguez …………… Child at Prison Visitation
Samuel Standard …………… Freddie's Crew

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